Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikcl 11. Staatlicher Religionsunterricht. 275 
Jüdischer Religionsunterricht in öffentlichen Volksschulen gilt für zulässig, 
ist aber, soweit zugelassen, mit dem ordentlichen, d. h. christlichen 
Religionsunterricht nicht gleichberechtigt. Bei Regelung der Unter- 
haltung und der konfessionellen Verhältnisse der Volksschule durch das 
VUG sind die bis dahin geltenden (provinzialrechtlich verschiedenen) 
Vorschriften über das jüdische Schulwesen aufrechterhalten worden 
(VUG 8 40). Danach (val. die UÜbersicht über den einschlägigen Rechts- 
zustand bei v. Bremen, Vll, 106f.) besteht eine Verpflichtung des 
Staates oder der bürgerlichen Gemeinden, jüdische (d. h. für jüdische 
Kinder bestimmte und mit jüdischen Lehrkräften zu besetzende) Schulen 
zu errichten oder im besonderen für jüdischen Religionsunterricht zu 
sorgen, nicht, es ist dies vielmehr Sache der Synagogengemeinden 
oder besonderer jüdischer Schulsozietäten (v. Bremen a. a. O. 107). Die 
Verwaltungspraxis hat es jedoch von jeher mit dem Art. 14 für ver- 
einbar erachtet, daß die bürgerlichen Gemeinden die jüdischen Schulen 
freiwillig auf ihren Etat übernehmen. Hiergegen ist auch bei Beratung 
des VU nichts eingewendet (vgl. Komm Ber des HdAbg zum VUG, 
a. a. O. 318, 323) und nur betont worden (vgl. das. 313, 315, 321 ff.), 
daß die Gemeinden zu einer solchen Übernahme, überhaupt zur Ein- 
richtung jüdischen Religionsunterrichts niemals gezwungen werden 
könnten, wie auch ein staatlicher Zwang zur Teilnahme an einem 
solchen Religionsunterricht unstatthaft sei (übereinstimmend Loening im 
Jahrb. d. öff. R. 3 112 Anm. 1). Freiwillig von den Gemeinden über- 
nommene und unterhaltene öffentliche jüdische Volksschulen mit — natur- 
gemäß — jüdischem Religionsunterricht gab es bei Erlaß des VUG im 
ganzen 28 (v. Bremen a. a. O. 107), sie stehen — Staatsanstalten, 
nicht mehr noch minder wie alle anderen öffentlichen Volksschulen — 
bei strenger Auslegung im Widerspruch mit dem Prinzip des Art. 14. 
Dagegen unterliegt es vom Standpunkt dieses Artikels aus keinem 
Bedenken, wenn die Schulen jüdischer Synagogengemeinden oder 
Schulsozietäten aus öffentlichen (Staats= oder Gemeinde-mitteln 
dotiert oder unterstützt werden, wie denn eine solche Unterstützung den 
(bürgerlichen) Gemeinden durch § 67 Nr. 3 des Judengesetzes vom 
23. Juli 1847 (durch VllGh F 40 Abs. 1 auf das ganze Staatsgebiet 
ausgedehnt) sogar zur Pflicht gemacht worden ist und auch Staats- 
beihilfen für jüdische Schulen gewährt werden können (v. Bremen 
a. a. O. 108 Anm. 3; vgl. auch die vom HdAbg angenommene Resolution 
zugunsten staatlicher Subventionierung des jüdischen Religionsunterrichts, 
Komm Ber des HdAbg zum Ull# a. a. O. 311. Ein entsprechender 
Fonds ist jetzt im Etat, Kap. 121 Tit. 34, eingestellt). 
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