des religionsgesellschaftlichen Selbstbestimmungsrechts. 307
in allen analogen Fällen — vgl. auch das den jüdischen Kultusgemeinden
zustehende Umlagerecht, Gesetz über die Verhältnisse der Juden vom
23. Juli 1847 (GS 263), § 58 und 8G vom 1. August 1883 5 54 —
handelt es sich um Ausnahmen von dem oben angegebenen Grundsatz
der privatrechtlichen Struktur der religionsgesellschaftlichen Selbstbe-
stimmung; Ausnahmen, welche hier wie sonst das Staatsgesetz und
nur das Staatsgesetz schaffen durfte. —
II. Der Wirkungskreis des religionsgesellschaftlichen
Selbstbestimmungsrechts. — Als Wirkungskreis des durch Art. 15
gewährten Selbstbestimmungsrechts sind ganz allgemein hingestellt die
Angelegenheiten der Kirchen und andern Religionsgesellschaften:
„ihre Angelegenheiten“.
Darüber, was zu diesen Angelegenheiten gehört und was dem-
zufolge die Kirche als das ihrige betrachten und in Anspruch nehmen
darf, entscheidet natürlich nicht die einseitige Meinung der Kirche —
denn die Kirche ist weder Gesetzgeber noch Richter in eigener Sache,
sie steht nicht über dem Staat —, auch nicht das jedesmal herbeizu-
führende Einverständnis von Staat und Kirche — denn die Kirche ist
dem Staate nicht einmal gleichgeordnet (oben S. 294, 298), sie ist nicht
Staat im Staate —, sondern, unter Ausschluß jedes Widerspruchs-
rechts der Kirche der Staat allein, der Staat, dessen Gesetzen (den
„allgemeinen“, wie den „besonderen“, einschließlich derer, die sich
auf Inhalt und Grenzen des kirchlichen Wirkungskreises beziehen),
dessen Gerichtsbarkeit und Aufsichtsgewalt die Kirche unterworfen ist.
Danach ist eine Angelegenheit jedenfalls dann nicht mehr eine „Ltirch-
liche“, wenn und soweit sie der Staat durch seine Gesetzgebung und
auf Grund dieser Gesetzgebung durch Entscheidungen seiner zuständigen
Organe (Aufsichtsbehörden, Verwaltungsgerichte, ordentliche Gerichte)
zu seiner, zur Staatsangelegenheit erklärt. In dem Rechte der Kirche,
ihre Angelegenheiten zu verwalten ist die Eigenschaft, die Gegenstände
dieser Selbstverwaltung mit Wirksamkeit Dritten und dem Staate gegen-
über zu bestimmen, nicht inbegriffen. Vgl. hierzu auch die Außerung
des Kultusministers Dr. Falk im HdAbg, 31. Januar 1873, StB. 877.
Die häufig aufgestellte Unterscheidung zwischen „inneren“ und
„äußeren“ Kirchenangelegenheiten (sacra interna — externa; vgl. zur
Orientierung Kahl, Lehrsystem 1 284 ff.) ist der Verfassung fremd. Die
Entstehungsgeschichte des Artikels (uvgl. oben S. 283 ff.) ergibt hierüber
folgendes. Die Staatsregierung und die II. K. haben es, abweichend
von der Komm der Nat Vers und im anfänglichen Widerspruch mit der
I. K., jedoch in Ubereinstimmung mit der Frankfurter RV, 8 147 Abs. 1,
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