Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

14 Hardenbergs „Ideen zu einer landständischen Verfassung“. 
Staatsangelegenheiten, insbesondere von der Verfassungssache fernhielt. 
Die Rivalität der beiden Staatsmänner machte sich bald in verhängnis- 
vollen Folgen geltend. Um seine auch sonst nicht unbedrohte 
Stellung beim Könige zu festigen, suchte Hardenberg Anschluß an 
Metternich, vereinbarte mit diesem (1. Aug. 1819) die Teplitzer Punktation, 
worin Preußen, dem Drängen Osterreichs nachgebend, sich verpflichtete, 
keine Volksvertretung im modern-konstitutionellen Sinne, sondern zu- 
nächst nur auf ständischer Grundlage beruhende Provinziallandtage und 
allenfalls einen von denselben zu delegierenden, ebenfalls ständisch 
zusammengesetzten Zentralausschuß einzuführen, — und verstand sich 
sogar zur Billigung der Karlsbader Beschlüsse, damit einer Reaktions- 
bewegung, die ihm, dem liberalen Politiker, durchaus feindselig gegen- 
überstand, Tür und Tor öffnend. Die Folge war, daß W. v. Humboldt, 
nach vergeblichem Widerstande gegen die Karlsbader Beschlüsse, im 
Dezember 1819 entlassen wurde. Mit ihm schieden zwei andere über- 
zeugte Anhänger der konstitutionellen Bewegung, Boyen und Beyme, 
aus dem Staatsministerium. Der Staatskanzler hatte, um einen un- 
bequemen persönlichen Gegner loszuwerden, sich der kräftigsten Stützen 
seiner Verfassungspläne beraubt. 
Er wollte diese Pläne nach Möglichkeit selbständig und allein 
verwirklichen, und noch schien es auch so, als ob er es könne. Die 
Vorarbeiten, insbesondere das auf jener Bereisung der Provinzen im 
Jahre 1817 (oben 12) gesammelte Material einfach beiseite schiebend, 
fing er die Arbeit in der Verfassungssache wiederum gauz von vom 
an. Er legte dem König im Mai und dann, nach einigen Anderungen, 
nochmals im September 1819 einen von ihm selbst verfaßten Entwurf 
vor, betitelt: „Ideen zu einer landständischen Verfassung in Preußen“ 
(v. Treitschke 2 637, vgl. auch 3 761). Diese „Ideen“ wollen, der von 
Stein geschaffenen Tradition der Reformzeit folgend, die Verfassung 
des preußischen Staates aufbauen auf der Selbstverwaltung seiner 
Gemeinden und höheren Kommunalverbände. Das beste Fundament 
der künftigen Verfassung erblicken sie in einer „zweckmäßigen Munizipal- 
und Kommunalordnung“ eine solche zu schaffen sei „das nächste dringende 
Bedürfnis“. In jedem Kreise soll ein Kreistag bestehen, der unter 
dem Vorsitz des Landrats sich zusammensetzt aus den etwa im Kreise 
ausässigen Standesherren und aus Deputierten der größten ländlichen 
Grundbesitzer (ohne Unterschied, ob ihre Güter Rittergüter sind oder nicht), 
der kreisangehörigen Städte und der „Landbkirchspiele“ (projektierte 
Gliederungen des Kreises, den heutigen Amtsbezirken vergleichbar, jedoch 
mit dem Charakter von Kommunalverbänden). Die Kreistage wählen,
	        
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