Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 15. Sind die Konsistorialbeamten Kirchen- oder Staatsbeamte? 325 
summus episcopus stellte, so lieh und bezahlte er ihr auch die 
zur Verwaltung ihrer Angelegenheiten erforderlichen Behörden und 
Beamten. « 
DaßdiesesethältnisseunterderHertjchaftderBekfassungmw 
ihres Art. 15 nicht unverändert blieben und was sich an ihnen geändert 
hat, ist bereits oben S. 304, 309ff. dargelegt. Die Kirchengewalt er- 
scheint nach Art. 15 als Wille eines vom Staate verschiedenen Gemein- 
wesens. Die kirchliche Verwaktung wird aus einer Tätigkeit des Staates 
für die Kirche zu einer Tätigkeit der Kirche selbst, — zu einer Ver- 
waltung, die nicht bloß wegen ihres Gegenstandes, sondern auch 
wegen ihres Subjekts den Namen „kirchlich“ verdient. Die Konsistorial- 
behörden (die 1849 gebildete Ministerialabteilung für evangelische Kirchen- 
sachen und der alsbald aus ihr hervorgehende Oberkirchenrat (s. oben 
S. 310] sowie die provinziellen Konsistorien) nehmen den Charakter 
ürchlicher Behörden an. Dies alles ist unbestritten und wurde auch 
nach Inkrafttreten der Verfassung von der Staatsregierung unverzüglich 
anerkannt. Der oben S. 321 erwähnten Denkschrift der Ministerial- 
abteilung für evangelische Kirchensachen vom 18. Februar 1850 stimmten. 
der Kultusminister und das Staatsministerium (s. d. oben a. a. O. an- 
gegebenen Min Erl vom 6. März 1850) zu, soweit sie den Konsistorial- 
behörden die Eigenschaft als Kirchenbehörden vindizierte. Aber nur 
so weit. Der von der Denkschrift, ganz im Sinne der nachmals 
herrschend gewordenen Theorie gezogenen Schlußfolgerung, daß, weil 
die Konsistorialbehörden keine Staatsbehörden mehr seien, auch die Kon- 
sistorialbeamten aufgehört hätten, Staatsbeamte zu sein, versagten die 
Organe der Staatsregierung die Zustimmung. Der angezogene MinErl 
erklärte, daß zurzeit“ und bis auf weiteres an der Staatsdienereigen- 
schaft jener Beamten noch fesigehalten werden müsse, was bedinge, 
daß sie — im Gegensatz zu den Geistlichen — gleich allen anderen 
Staatsbeamten gemäß Art. 108 der Verfassung zu vereidigen seien. 
Der evangelische Oberkirchenrat und die Konsistorien erscheinen 
nach dieser amtlichen Erklärung vom 6. März 1850 als Kirchenbe- 
hörden, in denen unmittelbare Staatsbeamte kirchliche An- 
gelegenheiten verwalten, also Kirchendienst tun. Diese Auf- 
fassung — in der Praxis fortdauernd betätigt, indem die Konsistorial- 
beamten vom Staat (die höheren vom König unter Gegenzeichnung des 
Ministers der geistlichen Angelegenheiten) angestellt, vereidigt, besoldet 
und in allen Beziehungen nach den für Staatsbeamte geltenden Ge- 
setzen und Dienstvorschriften behandelt werden — ist richtig und auch 
heute noch zutreffend.
	        
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