Artikel 15 als Garantie. 337
teils auf einer speziellen, teils auf einer allgemeinen Verpflichtung
des Staates beruhen, welcher der Staat sich nicht eutziehen kann . . .“
Fortdauer und Gewährleistung der Dotationen sollen offensichtlich nicht
davon abhängen, ob die Destinatäre ein subjektives oder gar klagbares
Recht auf den Bezug nachweisen können, sondern nur davon, ob der
Staat zu der betreffenden Leistung verpflichtet ist — sei es auf
Grund einseitig bindenden Versprechens (so bei den von den „Erläute-
rungen“ angeführten Sekularisationsakten von 1772 und 1810 sowie
dem Finanzedikt vom 27. Oktober 1810), sei es durch Gesetz des alten
Reichs (Reichsdeputationshauptschluß von 1803), sei es durch Verein-
barung mit dem Papst (Bulle de salute animarum von 1821).
Alle Verpflichtungen dieser Art, mochten sie auch bei ihrer Ein-
gehung vielleicht garnicht als formelle Rechts-, sondern mehr als
moralische und Ehrenpflichten gemeint gewesen sein, sind durch den
Satz „und bleibt“ als wahre rechtliche Verbindlichkeiten des Staates
und zwar als verfassungsmäßige Notwendigkeiten anerkannt worden,
denen der Staat sich nicht entziehen kann außer auf Grund eines ver-
fassungändernden Gesetzes. Für den Eintritt der Garantie des Art. 15
ist also jedenfalls nicht erforderlich der Nachweis eines von den Dotations-
empfängern erworbenen subjektiven Rechts, sondern ausreichend das
Dasein einer staatlichen Pflicht, sollte auch dieses Dasein nur bekundet
sein durch tatsächlich dauernde Leistung und stets wiederholte Einstellung
in den Staatshaushaltsetat. Die Pflicht ging dahin, den status quo
der Dotationen, das bei Erlaß der Verfassung bestehende Kultusbudget
verfassungsmäßig festzulegen, einerlei, ob die Empfänger der dort
figurierenden Staatsleistungen ein Recht auf dieselben erworben hatten.
Insofern hätte jener Zusatzantrag v. Ammon (s. o. S. 285, 286), falls er
angenommen worden wäre, die Norm des Art. 15 der wahren gesetz-
geberischen Absicht zuwider eingeschränkt. Aus diesem Grunde sprach
sich auch der Kultusminister v. Ladenberg, I. K. 1944, gegen den An-
trag aus.
Daß zu den Titeln, welche den Staat im Sinne vorstehender Aus-
führungen rechtlich verpflichten, außer den Sekularisationsedikten auch die
Bulle de salute animarum vom 23. August (16. Juli) 1821 gehört, ist bei
der Beratung des Art. 15 wiederholt ausdrücklich anerkannt worden
(s. „Erläuterungen", oben S. 332, ferner I. K. 990, 996; II. K. 1161).
Die gesetzgebenden Faktoren waren unter der Herrschaft des Artikels ver-
fassungsrechtlich verpflichtet, die auf jenen Titeln beruhenden Positionen in
den Staatshaushaltsetat einzustellenzein Antrag (Bennecke, I. K. 991, 994),
welcher bezweckte, die staatlichen Kirchendotationen in widerrufliche
Anschütz, Preuß. Berfassungs-Urkunde. I. Band. 22