338 Artikel 15 als Garantie.
Bedürfniszuschüsse zu verwandeln, ist bei der Beratung abgelehnt
worden. —
Der Satz „und bleibt“ ist, wie der übrige Inhalt des Art. 15,
durch das Gesetz vom 5. April 1873 abgeändert und sodann durch das
Gesetz vom 18. Juni 1875 aufgehoben worden; val. oben S. 282, 289ff.
Das Gesetz vom 5. April 1873 gab dem Satze die Fassung:
„Mit der gleichen Maßgabe (nämlich der Unterwerfung unter die
Staatsgesetze und die durch die geordnete Staatsaufsicht) bleibt jede
Religionsgesellschaft im Besitz und Genuß“" usw. (gleichlautend mit dem
ursprünglichen Text). Damit wollte der Staatsgewalt das Recht ein-
geräumt werden, nicht sowohl (was auch vor dem G. v. 5. April 1873
schon zulässig war) die Verwaltung des Kirchenvermögens zu beauf-
sichtigen, als vielmehr im Wege der einfachen, nicht verfassungsändernden
Gesetzgebung Beschränkungen, nötigenfalls auch die Aufhebung der
durch den ursprünglichen Wortlaut des Satzes bedingungslos gewähr-
leisteten Kirchenrechte und Staatspflichten anzuordnen. Es unterlag
hiernach keinem Verfassungsbedenken, wenn z. B. das Gesetz vom
21. Mai 1874 (GS 139), Art. 3 zur Brechung des kirchlichen Wider-
standes gegen das Gesetz vom 11. Mai 1873 über die Vorbildung und
Anstellung der Geistlichen die administrative Beschlagnahme des Ver-
mögens geistlicher Stellen zuließ.
Es folgte die völlige Aufhebung des Art. 15 und damit auch
des Satzes „und bleibt". Bedeutung und Wirkung der Aufhebung
sind analog zu beurteilen wie in Betreff des übrigen Inhalts des
Artikels (s. oben S. 314, 329, 330). Was aufgehoben wurde, waren nicht
die durch den Artikel anerkannten kirchlichen Rechte und staatlichen Ver-
bindlichkeiten, sondern die besondere Verfassungsgarantie jener Rechte
und dieser Verbindlichkeiten. Die Folge der Aufhebung war also
nicht die, daß die Kirche ihre Anstalten, Stiftungen und Fonds verlor
und daß der Staat von seinen Dotationspflichten befreit wurde, sondern.
die, daß an Stelle der besonderen Sicherungen der Rechte und
Pflichten allgemeine Grundsätze traten (val. hierzu Schoen im
Vürch 6 184, 185).
Das Besondere, die privilegierte Stellung, welche den Religions-
gesellschaften durch den Satz „und bleibt“ eingeräumt war, bestand
darin, daß zu jeder ihnen nachteiligen Veränderung des bestehenden
Zustandes ihrer Vermögensrechte sowie der ihnen gegenüber zu
erfüllenden finanziellen Verpflichtungen des Staates ein verfassung-
änderndes Gesetz erforderlich war. Dieses Privileg fiel durch die
Aufhebung des Satzes fort, und stehen nunmehr die Religionsgesell-