Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

16 Dritte und vierte Verfassungskommission (1820—21). 
Notwendigkeit geworden. Gleichzeitig mit dieser V über das Staats- 
schuldenwesen erging eine Kabinettsorder, welche die Beschleunigung 
der Verfassungsarbeiten anbefahl. Und kurz darauf, am 12. Febr. 1820, 
wurde zur Beratung der Kommunalordnungen, welche nach den „Ideen“ 
Hardenbergs der zukünftigen Verfassung als Unterbau dienen sollten, 
eine neue Kommission organisiert, in der Reihe dieser Verfassungs- 
kommissionen die dritte, zusammengesetzt ganz im Sinne Hardenbergs 
aus seinen Anhängern und teilweise langjährigen Mitarbeitern, den 
besten Vertretern des liberalen hohen Beamtentums (Friese, Daniels, 
Eichhorn, v. Vincke u. a.). Es war ein nochmaliger Ersolg des Staats- 
kanzlers in der Verfassungsfrage, sein letzter — und kein entscheidender. 
Die dritte Kommission hatte sich auftragsgemäß nur mit dem 
kommunalen Unterbau der Verfassung, nicht mit dieser selbst zu be- 
schäftigen; sie entledigte sich ihres Auftrages, indem sie am 7. August 
1820 dem König die Entwürfe einer Landgemeindeordnung, Städte- 
ordnung und Kreisordnung, alle die einheitlichen Gesetze für den ganzen 
Staat, vorlegte. Die Entwürfe waren, gemessen an den die Zeit beherschen- 
den Anschauungen, sehr fortschrittlich und freiheitlich gehalten, namentlich 
gilt dies von der Landgemeindeordnung, welche die Aufhebung der den 
Gutsherren zustehenden obrigkeitlichen Gewalt und — im Zusammen- 
hange hiermit — die Herstellung eines freien Gemeindelebens auf dem 
flachen Lande wenn nicht aussprach, so doch anbahnte und hierdurch 
schon, ebenso wie die von gleichem Geiste getragene Kreisordnung 
den schärfsten Widerspruch des Landadels hervorrief. Und nicht nur des 
Landadels: dem König mißfielen die drei Gesetzentwürfe durchaus, ebenso 
dem Kronprinzen, der von jetzt ab als Führer der altständischen Re- 
aktionspartei, als immer entschiedenerer Gegner Hardenbergs hervortritt, 
— und nicht zuletzt dem alten Feinde jedweder preußischen Verfassungs- 
reform, Metternich, der bei Gelegenheit des Troppauer, dann des 
Laibacher Kongresses (Spätherbst 1820, Winter und Frühjahr 1821) die 
Verstimmung des Königs über die Arbeiten der dritten Kommission 
geschickt zu benutzen wußte, um mit dem getadelten kommunalen Unter- 
bau der Verfassung letztere selbst unmöglich zu machen. 
Die Verfassungsgegner gewannen das Spiel. Ohne seinen Kanzler 
in Kenntnis zu setzen, befahl der König, von Troppau heimkehrend 
(19. Dez. 1820, v. Treitschke 3 174), die Umarbeitung des Werkes der 
dritten Kommission und übertrug diese Aufgabe wiederum einer 
andern Kommission, deren Zusammensetzung einen Systemwechsel be- 
deutete: Vorsitzender wurde der Kronprinz, Mitglieder waren außer 
ihm Fürst Wittgenstein, v. Schuckmann, Ancillon u. a., alles altständische
	        
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