Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 16. Entstehungsgeschichte und Aufhebung. 341 
dert“ und statt „Anordnungen“ in Satz 2: „Erlasse“. Der KommEntw 
der Nat Ver setzte für „bleibt“ (was auf die Absicht bloßer Aufrecht- 
erhaltung des bestehenden Rechtszustandes hinzudeuten schien) „ist“ und 
für „Bekanntmachung“: „Der Erlaß und die Bekanntmachung". Die 
oktr B (Art. 13) übernahm für den ersten Satz die Formulierung des 
Komm Entw und gab dem zweiten die Fassung: „Die Bekanntmachung 
ihrer Anordnungen ist nur denjenigen Beschränkungen unterworfen, welchen 
alle übrigen Veröffentlichungen unterliegen“. — Die amtlichen „Erläute- 
rungen“ (oben 283) bemerken zu dem Artikel, diese Bestimmung bedürfe 
keiner Rechtfertigung, da sie aus dem im vorigen Artikel — jetzt also 
Art. 15 — enthaltenen allgemeinen Grundsatze von selbst hervorgehe. 
„Auch entspricht sie nur dem, was für die katholische Kirche bereits 
durch die im Min Reskr vom 1. Januar 1841 erwähnte KO bestimmt 
ist. Bedenklich dagegen könnte die Bestimmung am Schlusse des Artikels 
erscheinen, welche — nach dem Vorbilde der belgischen Verfassung, 
Art. 16, — die präventive Polizeimaßregel, das sogenannte Plazet, 
aufhebt. Bei näherer Betrachtung ergibt sich jedoch, daß das Recht 
der Plazetierung von jeher nur der Anlaß zu unerwünschten Streitig 
keiten gewesen ist, ohne den beabsichtigten Erfolg zu erreichen. Um so 
mehr hat dasselbe jetzt ohne Gefahr für den Staat ausgegeben und 
durch den am Schlusse des Artikels ausgesprochenen Vorbehalt ersetzt 
werden könmen.“ 
Bei der Revision änderte der Zussch der I. K. in Satz 2 das 
„ihrer“ in „kirchlicher", um schärfer zum Ausdruck zu bringen, daß 
hier nur über Anordnungen religiöser Natur Bestimmung getroffen 
werde (I. K. 1018). Dem schloß sich die I. K. und — über die Bedenken 
ihrer Kommission, welche in dem Worte „kirchlich“ eine zu exklusive 
Beziehung auf die christlichen Religionsgesellschaften erblickte (II. K. 1082), 
hinweggehend — auch die II. K. an. 
Das Gesetz vom 5. April 1873 (oben S. 282) ließ den Art. 16 
unberührt, das Gesetz vom 18. Juni 1875 hob ihn mit Art. 15 und 
18 zusammen auf. Über die Aufhebung und ihre Motive f. oben 
S. 289ff., 293. 
2. Auslegung. — I. Der Verkehr der Religionsgesellschaften 
mit ihren Oberen. — Der erste Satz des Artikels hebt alle staatsauf- 
sichtliche Beschränkungen auf, welche durch Vorschriften des älteren Rechts 
dem „Verkehr der Religionsgesellschaften mit ihren Oberen“ auferlegt 
worden waren. Es bedeutet dies, worauf die „Erläuterungen“ zutreffend 
hinweisen, lediglich eine Verallgemeinerung der befreienden Bestimmungen, 
welche schon vor der Verfassung zugunsten der katholischen Kirche durch das
	        
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