Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

342 Artikel 16. Freier Verkehr mit den kirchlichen Oberen. 
Rundschreiben des Kultusministers vom 1. Januar 1841 (Min Bl dinn V 
16) bzw. die darin erwähnte königliche Anordnung ergangen waren. 
Dieses Rundschreiben (auch abgedruckt bei Friedberg, Kirchenrecht 71 
N. 26) verfügte, daß „in allen geistlichen Angelegenheiten, wo das hier- 
archische Verhältnis zwischen den Bischöfen des Landes und ihrem geist- 
lichen Oberhaupte zu gegenseitigen Mitteilungen Anlaß gibt, der dies- 
fällige Verkehr mit dem römischen Stuhle frei von allen Beschränkungen 
stattfinden kann“. Hierdurch waren Vorschriften wie z. B. das Reskript 
des Kultusministeriums vom 31. August 1818 (v. Kamptz, Annalen 2 717, 
auch abgedruckt bei vR 2 380 N. 2), wonach die Landesbischöfe mit der 
päpstlichen Kurie in der Regel nur durch Vermittlung der Staatsregierung 
verkehren durften und insbesondere ihre für Rom bestimmten Berichte 
und Gesuche dem Oberpräsidenten zur weiteren Beförderung vorzulegen 
hatten, beseitigt. Durch Art. 16 wurde die Aufhebung solcher Ver- 
kehrshindernisse ganz allgemein ausgesprochen, so daß mummehr nicht 
mur der Verkehr mit Rom, sondern auch der Verkehr innerhalb Landes 
zwischen den Angehörigen bzw. unteren Organen der Kirche und ihren 
„Oberen“", z. B. zwischen den Erzbischöfen und ihren Suffragan- 
bischöfen, zwischen Bischof und Diözesanklerus, — ferner nicht nur der 
schriftliche, sondern auch der mündliche Verkehr, auch der auf Kirchen- 
versammlungen (allgemeinen Konzilien, Provinzialkonzilien, Diözesan- 
synoden) oder freien Besprechungen (Bischofskonferenzen) sich vollziehende, 
freigegeben ist. Die 88 141, 142 ALR II 11, welche die Berufung von 
Kirchenversammlungen innerhalb Landes und den Besuch auswärtiger 
Kirchenversammlungen durch inländische Geistliche von staatlicher Erlaubnis 
abhängig macht, sind hiernach als aufgehoben zu erachten (aus Art. 15 
würde ihre Aufhebung, in Gemäßheit des oben S. 315ff. angegebenen 
Erundsatzes, nicht zu folgern sein). Soweit übrigens die 88 141, 142 
Beschränkungen nicht sowohl der „Verkehrs-“ als der Assoziations- 
freiheit enthalten, sind sie für die Versammlungen der katholischen Kirche 
und jeder andern im Besitze der Korporationsrechte befindlichen Religions- 
gesellschaft durch das Vereinsgesetz vom 11. März 1850, 52 Abs. 3 be- 
seitigt (vgl. oben bei Art. 12 S. 204ff., bei Art. 13 S. 248. 
II. Die Aufhebung des Plazet. — Der zweite Satz des 
Art. 16 will das sogenannte Plazet aufheben. Auch in dieser Be- 
ziehung stellt der Artikel nur das Schlußergebnis einer bereits durch 
jenes Rundschreiben vom 1. Januar 1841 angebahnten Entwickelung dar. 
Die s§ 117, 118 A#KR II 11 hatten, in Ubereinstimmung mit 
dem zu ihrer Zeit und auch später noch allenthalben herrschenden. 
staatskirchlichen Prinzipien (vgl. z. B. die französischen articles organiques
	        
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