Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

344 Artikel 16. Wirkung der Aufhebung des Artikels. 
Rechts (z. B. solche, welche zur Gültigkeit gewisser kirchlicher Rechts- 
geschäfte und anderer Verwallungsakte staatliche Erlaubnis fordern) hat 
er nicht aufgehoben; die Frage ihrer Fortgeltung beantwortet sich im 
allgemeinen nach Art. 15 (s. oben S. 314ff., 328 ff.), soweit es sich um 
das kirchliche ÄAmterbesetzungsrecht handelt, nach Art. 18. 
Über die durch Art. 16 beseitigten Bestimmungen des Rechts 
der neuen Provinzen vgl. vs 2 381 N. 4 zu b. — 
Selbstverständlich ist, daß durch den Fortfall sormeller Beschrän- 
kungen wie der Kontrolle des Verkehrs mit den „Obern“ und des 
Plazet der materielle Inhalt und Umfang der kirchlichen Autonomie 
keine Erweiterung erfahren hat. Uber diesen Inhalt und Umfang ist 
im Art. 16 nichts bestimmt. — 
III. Die Wirkung der Aufhebung des Art. 16. — Die Auf- 
hebung des Art. 16 ist analog zu beurteilen wie die des Art. 15 (s. oben 
S. 314, 329, 338). Sie bewirkte hier wie dort nicht, daß die durch die 
beiden Verfassungsartikel beseitigten Normen und Einrichtungen des älteren 
Rechts wieder auflebten (M, unrichtig, Bornhak, Preuß. St R 3 630), 
sondern daß die gesetzgebende Gewalt die Freiheit erhielt, diese Normen und 
Einrichtungen wiederum, oder ihnen ähnliche neu einzuführen. Eine ein- 
fache Wiedereinführung der alten Institutionen ist nicht erfolgt, so daß auch 
jetzt noch der „Verkehr der Religionsgesellschaften mit ihren Oberen“ ebenso 
„ungehindert“ ist wie bei Inkrafttreten der Berfassung und das Plazet 
in seiner historischen Gestalt abgeschafft ist und geblieben ist (ganz 
unrichtig Bornhak a. a. O. 3 654). Was die Neubildungen ein- 
schlägigen Inhalts betrifft, so gehören nicht hierher die Fälle, in denen 
durch die neuere kirchenpolitische Gesetzgebung die Gültigkeit kirchlicher 
Verwaltungsakte (z. B. Erwerb von Grundstücken, Aufnahme von 
Anleihen, Einrichtung neuer Kirchengebäude) von der Genehmigung 
des Staates abhängig gemacht ist (vgl. z. B. G. über die evangel. 
Kirchenverfassung vom 3. Juni 1876, Art. 24, G. über die Vermögens- 
verwaltung der kathol. Kirchengemeinden vom 20. Juni 1875, # 50, 
G. über die Ausfsichtsrechte des Staates bei der Vermögensverwaltung 
in den kathol. Diözesen vom 7. Juni 1876, #& 2). denn auf diesen 
Zweig der Staatsaussicht über die Kirche bezog sich, wie oben (S. 343, 
344) erwähnt, Art. 16 nicht. Es kann sich nur um die Frage handeln, 
inwieweit die normensetzende Tätigkeit der Kirchen, ihre Autonomie 
i. e. S., nach Aufhebung des Artikels wiederum unter eine dem 
Plazet alten Stils ähnliche, präventiv wirksame Staatskontrolle gestellt 
worden ist. Dies ist bisher nur den evangelischen Landeskirchen, und 
zwar sowohl ihrer Gesetzgebung i. e. S. wie der Satzungsgewalt ihrer
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.