348 Artikel 17. Das Patronat kein innerkirchliches Institut.
In beiden Kammern machte sich eine Strömung geltend, welche
die Regelung — und auch die Aushebung — des Patronats als eine
innerkirchliche Angelegenheit der kirchlichen Autonomie vindizieren und
dem Staate mindestens das Recht bestreiten wollte, die Aufhebung
ohne und gegen den Willen der Kirche zu bewirken. Jedoch wurden
die hierauf gerichteten Anträge — Antrag Stahl, I. K. 1019, 1020,
Antrag Heinrici, II. K. 1179 — abgelehnt. Die Staatsregierung hatte
sich sehr entschieden gegen sie erklärt. „Das Patronat kann nicht reguliert
werden durch die Kirchenbehörde, es ist ein Privatrecht und seine
Natur ergibt sich aus dem ALR auf das deutlichste, denn im +# 573
II 11 ALK wird ausdrücklich gesagt, daß. das Kirchenpatronat selbst
erst durch die Verleihung des Staates erworben werden könne. Der
Staat kann sich nicht gefallen lassen, daß die Kirche beschließe über
ein Recht, welches er verleiht; dieser Standpunkt ist von der Regierung
festzuhalten“ (Minister v. Ladenberg, I. K. 1022). Dieser Meinung ist
beizustimmen, auch wenn man die Begründung, daß das Patronat ein
„Privatrecht“ sei, mit der gegenwärtig hemschenden Ansicht (Näheres
bei Schoen, Evangelisches Kirchenrecht 2 4, 5) für unrichtig hält. Ent-
scheidend ist, daß das Patronat kein rein innerkirchliches Rechtsverhältnis
darstellt, sondern auf Normen beruht, welche der Kirche vom Staate
gesetzt sind. Das Patronat gehört nicht zu den Materien, welche nach
eingetretener Trennung von Staat und Kirche gemäß Art. 15 ohne
weiteres als in den Bereich der selbständigen Ordnung und Verwaltung
der Kirche fallend anzusehen sind. Die §§F 568 ff. II 11 A#n, „von
Kirchenpatronen“ haben auch nach der Verfassung und heute noch die
Kraft und Bedeutung von Staatsgesetzen, welche durch autonome An-
ordnungen der Religionsgesellschaften nicht abgeändert werden können.
Solche Abänderungen, insbesondere soweit sie unbedingte oder bedingte
Aufhebung des Patronats bezwecken, können mithin nur im Wege der
Staatsgesetzgebung erfolgen (übereinstimmend Schoen a. a. O. 39). Die
Bestimmungen der neueren evangelischen Kirchengesetze, welche die
Rechte und Pflichten des Patrons, insbesondere hinsichtlich der kirchlichen
Vermögensverwaltung berühren (vgl. namentlich Kirchengemeinde- und
Synodalordnung vom 10. September 1873, §J 23; im übrigen Schoen
a. a. O. 20 ff.), bedurften zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung durch
ein Staatsgesetz und haben diese Genehmigung erhalten: Gesetz vom
25. Mai 1874 (GS 147), Art. 8. Können demnach Akte der kirchlichen
Autonomie den staatsgesetzlich geregelten und gewährleisteten Rechten
und Pflichten des Patrons keinen Abbruch tun, so steht andererseits
nichts im Wege, daß diese Autonomie bei Regelung solcher Verhältnisse,