Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 17. Aufhebung des Patronats. 349 
für die sie an sich zuständig ist, z. B. von Organisationsfragen, dem 
Patron mit rein innerkirchlicher Wirksamkeit Kompetenzen oder Rechte 
beilegt, die noch mehr und anderes enthalten als die auf das Patronat 
bezüglichen Vorschriften der Staatsgesetze. In diesem Sinne ist § 6 
der zitierten Kirchengemeinde= und Synodalordnung von 1873 aufzu- 
fassen, wonach in Patronatsgemeinden der Patron die Befugnis hat, 
ein Gemeindemitglied zum Altesten (Mitglied des Gemeindekirchenrats) 
zu ernennen oder, falls er die zur Wählbarkeit erforderlichen Eigen- 
schaften besitzt, selbst in den Gemeindekirchenrat einzutreten. Be- 
stimmungen dieser Art würden im Wege der religionsgesellschaftlichen. 
Autonomie selbstredend auch getroffen werden können, wenn und nach- 
dem das Patronat als staatlich anerkanntes Rechtsinstitut durch Staats- 
gesetz gemäß Art. 17 aufgehoben würde, wie ja überhaupt durch diese 
Aufhebung, sollte sie einst eintreten, die Religionsgesellschaften keines- 
wegs gehindert wären, solche Personen, in denen sie ihre Wohltäter 
erblicken, auch fernerhin als „Patrone“ zu behandeln, ihnen gewisse Prä- 
rogativen und Ehrenrechte zuzugestehen und von ihnen freiwillig gewährte 
oder vertragsmäßig versprochene Leistungen anzunehmen bzw. einzu- 
fordern (vgl. die oben S. 346, 317 mitgeteilte Stelle der „Erläuterungen“, 
serner die im Jahre 1870 ausgearbeitete ministerielle Denkschrift über 
die Ausführung des Art. 17, abgedruckt in der Zeitschrift fü. Kirchen- 
recht 10 101). Ganz richtig bemerkt Schoen a. a. O. 40 zu diesem 
Punkte, daß, wenn das Patronat auch als freiwillig von den Inter- 
essenten begründetes oder fortgesetztes innerkirchliches Rechtsverhältnis 
nicht mehr bestehen dürfen sollte, der staatsgesetzlichen die kirchen- 
gesetzliche Aufhebung hinzukommen müßte. 
Es ist aber bisher noch nicht einmal zu der staatsgesetzlichen Auf- 
hebung gekommen; die Verheißung des Art. 17 — sofern es gestattet 
ist, hier von einer Verheißung zu reden — ist unerfüllt geblieben. 
Nachdem ein im Jahre 1819 unter dem Ministerium Ladenberg aus- 
gearbeiteter Gesetzentwurf über die Aufhebung des Kirchenpatronats 
(s. d. erwähnte Denkschrift von 1870, Zeitschrift für Kirchenrecht 10 103ff.) 
nicht zur Vorlage an die Kammern gelangt war, wurde die Frage der 
Ausführung des Art. 17 von dem in den fünfziger Jahren herrschen- 
den Regierungssystem einfach zu den Akten gelegt. Späterhin ist sie dann 
auf wiederholtes Andringen des Hdbg, von der Staatsregierung wieder 
aufgenommen (nähere Angaben bei vR 2 385 f., Schoen a. a. O. 39, 40, 
vgl. auch besonders die Denkschrift von 1870 S. 92ff.) worden; jedoch 
sind die dieserhalb im Kultusministerium eingeleiten Vorarbeiten über 
das Stadium der Einforderung und Erstattung von Berichten der
	        
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