Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 18. Entstehungsgeschichte. 351 
Kirchengewalt hervorgehenden Befugnisse in betreff der Besetzung der 
Kirchenämter so lange fortdauern, bis die künftige Kirchenverfassung fest- 
gestellt sein wird. 
Bei der Revision des Artikels wurde es im Interesse der gesetz- 
geberischen Klarheit für erforderlich erachtet, nicht nur das, was die 
„Erläuterungen“ als selbstredend“ bezeichnen — nämlich die Aufrecht- 
erhaltung des staatlichen Vorschlagsrechts, soweit es auf dem Rechts- 
titel des Patronats beruht — ausdrücklch im Texte hervorzuheben, 
sondern auch noch anderweite, den Staat zur Besetzung kirchlicher 
Stellen oder zur Mitwirkung bei solchen Besetzungen berechtigende 
besondere Titel vor einer Auslegung zu schützen, wonach der Artikel 
jeden staatlichen Einfluß auf die Besetzung geistlicher Amter schlecht- 
weg beseitige. Mit dem Uberhandnehmen einer derartigen Auslegung 
aber mußte man rechnen, nachdem — wie der Ber des Zaussch (I. K. 
1022) unter Zustimmung des Kultusministers (das. 1024; ebenso II. K. 
1179) ausführt — seitens einiger katholischer Kirchenbehörden auf 
Grund dieses Artikels nicht nur das Besetzungsrecht in Anspruch ge- 
nommen worden ist, was dem Fiskus in manchen Gegenden als Landes- 
herrn (jure territoriali) bisher zugestanden hat und weder auf dem 
Patronat noch auf besonderen Rechtstiteln beruht, sondern jene sich 
auch veranlaßt gesehen haben, dem Militär und manchen Straf= und 
sonstigen (Staats-) Anstalten ohne Teilnahme der königlichen Behörden 
Geistliche zuzuweisen und die Erteilung der Fakultäten für andere vom 
Staate Berufenen zu verweigern.“ Der Artikel wolle „nur das aus 
dem Staatshoheitsrecht hergeleitete Vorschlags- usw. Recht bei Be- 
setzung kirchlicher Stellen“ aufheben, die Rechte des Staates jedoch, 
welche sich auf das ihm zustehende Patronat, auf andere besondere 
Rechtstitel und auf die besonderen Verhältnisse der geistlichen Stellen 
beim Militär und bei den öffentlichen Anstalten stützen, aufrechterhalten. 
Die mit Bezug hierauf von dem ZAussch vorgeschlagene amendierte 
Fassung des Artikels fand den Beifall beider Kammern sowie der 
Staatsregierung und ist als Art. 18 Gesetz geworden. Die verfassung- 
gebenden Faktoren adoptierten hiermit auch die zuerst von dem Zaussch 
(ogl. I. K. 990, dazu die Ausführung des Berichterstatters Grafen Itzen- 
plitz I. K. 1024) vertretene und von der Staatsregierung (vgl. die 
Außerung des Kultusministers v. Ladenberg I. K. 1024) geteilte Ansicht, daß 
zu den „besonderen Rechtstiteln“ im Sinne des Artikels insbesondere die 
Bulle De salute animarum vom 23. August (16. Juli) 1821 (GS 114) 
gehöre, daß die dort bzw. in dem zugehörigen Breve Quod de fidelium 
dem Staate vorbehaltenen und zugesicherten Einflußrechte bei der Be-
	        
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