Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

356 Artikel 18. Anstellung der Militär- und Anstaltsgeistlichen. 
c. für die Provinz Hannover: die Bulle Impensa Romanorum 
Pontifücum (ohne Interpretativbreve; s. Hinschius a. a. O. 682 ff., 696, 
Stutz a. a. O. 50, 166 f.). 
Die Aufrechterhaltung aller dieser „besonderen Rechtstitel“ (die Be- 
zeichnung ist insofern nicht korrekt, als jene Bullen und Breven nicht 
Rechtstitel, d. h. Verträge oder Rechtsgeschäfte anderer Art, sondern 
Rechtssatzungen, nämlich rechtssetzende Vereinbarungen darstellen) ist 
staatsseitig wiederholt anerkannt worden durch das Gesetz über die Vor- 
bildung und Anstellung der Geistlichen vom 11. Mai 1873, 5 29 Abf. 1. 
Ein Rechtssatz ist, wie soeben angedeutet, kein Rechtstitel, auch 
dann nicht, wenn seine Geltung örtlich unbeschränkt ist. Lokale Ge- 
wohnheitsrechtssätze — Observanzen — fallen mithin nicht unter den 
Begriff des besonderen Rechtstitels und § 1014 II 11 A#, wonach da, 
„wo es hergebracht ist, daß dem Landesherrn mehrere Subjekte zur 
Ernennung vorgeschlagen werden“, der Landesherr diese Nominations- 
rechte behält, — ist durch Art. 18 nicht aufrechterhalten, sondern auf- 
gehoben (s. oben S. 353). 
3. Unberührt bleiben endlich die Rechte des Staates bezüglich der 
Anstellung von Geistlichen beim Militär und an öffentlichen 
Anstalten. Auch dieser Vorbehalt ist, wie der zugunsten der „besonderen 
Rechtstitel“, durch das Gesetz über die Vorbildung und Anstellung der 
Geistlichen vom 11. Mai 1873, §5 29 Abs. 2, wiederholt worden. Er 
ist im Grunde selbstverständlich. Denn aus der ihnen zugestandenen Selb- 
ständigkeit in der Ordnung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten, 
Art. 15, können die Religionsgesellschaften mur das Recht herleiten, ihre 
Amter und Stellen zu besetzen, nicht aber Amter und Stellen des 
Staates, um welche es sich doch hier handelt. Natürlich sind die 
Religionsgesellschaften mangels dahingehender gesetzlicher Vorschriften 
nicht verpflichtet, dem Staate für seine Militär- und Anstaltsseelsorge 
ihre Geistlichen zur Verfügung zu stellen, und noch weniger, geistliche 
Amtshandlungen als solche anzuerkennen, welche von Personen vor- 
genommen worden sind, denen nach ihrem Recht die Eigenschaft eines 
Priesters bzw. Geistlichen fehlt. In diesem Sinne ist die Außerung des 
Berichterstatters des ZAussch der I. K. (oben S. 351) zu verstehen, wonach 
die „Erteilung der Fakultäten“ (d. h. der spirituellen Befähigung bzw. 
kirchenrechtlichen Legitimation zur Ausübung geistlicher Funktionen) auch bei 
der staatlichen Militär- und Anstaltsseelsorge demjenigen verbleibe, dem sie 
nach dem Kirchenrecht zukommt, — also jedenfalls kirchlichen Organen. 
Über die Besetzung der hier in Rede stehenden Stellen vgl. vK 2 
384 Anm. 1.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.