360 Artikel 19. Entstehungsgeschichte.
bereiche des französischen Zivilrechts — hier als ausschließlich zugelassene
Eheschließungsform für jedermann ohne Unterschied des Glaubensbe-
kenntnisses (allgemeine obligatorische Zivilehe) —; 2. im übrigen
Staatsgebiet seit 1847 als Modus der Schließung der Ehen von An-
gehörigen „solcher geduldeten Religionsgesellschaften, bei welchem den
zur Feier ihrer Religionshandlungen bestellten Personen die Befugnis
nicht zusteht, auf bürgerliche Rechtsverhältnisse sich beziehende Amts-
handlungen mit zivilrechtlicher Wirkung vorzunehmen“ (V. vom 30. März
1847, GS 125 F 1, sogenannte Dissidentenzivilehe) sowie als
obligatorische Eheschließungsform der Juden (Judengesetz vom 23. Juli
1847, GS 263 (oben 186), §# 8ff.).
Die Einführung der allgemeinen obligatorischen Zivilehe gehörte
zu den kirchenpolitischen Hauptforderungen des Jahres 1848 und lag es
daher nahe, diese Forderung in die „Grundrechte“ aufzunehmen. Das
geschah — während die Reg orl einer entsprechenden Bestimmung
ermangelte — erstmals durch den KommEntw der Nat Vers, dessen
Art. 21 lautet: „Die bürgerliche Gültigkeit der Ehe wird durch deren
Abschließung vor dem dazu von der Staatsgesetzgebung bestimmten
Zivilstands-Beamten bedingt.“ Inzwischen hatte auch das Frankfurter
Parlament dem gleichen Gedanken Rechnung getragen; in den Grund-
rechten des Deutschen Volkes — RV von 1849 § 150 — heißt es: „Die
bürgerliche Gültigkeit der Ehe ist nur von der Vollziehung des Zivdil-
aktes abhängig; die kirchliche Trauung kann nur nach der Vollziehung
des Zivilaktes stattfinden.“ Die oktr V folgt hier wie sonst vielfach dem
Frankfurter Vorbilde; ihr Art. 16 bestimmt:
„Die bürgeriche Gültigkeit der Ehe wird durch deren Ab-
schließung vor den dazu bestimmten Zivilstands-Beamten bedingt.
Die kirchliche Trauung kann nur nach Vollziehung des Zivilaktes
stattfinden.“
Dies bedeutete nicht die Verheißung, sondern die sofortige Ein-
führung der obligatorischen Zivilehe.
ZAussch und Plenum der I. K. nahmen den Art. 16 oktr V un-
verändert an, nur mit dem Zusatz (— & 151 der Frankfurter RWV): „Die
Standesbücher werden von der bürgerlichen Behörde geführt.“ Die
Rev Komm wollte diesen Zusatz, der in das zu erlassende Ausführungs-
gesetz gehöre, gestrichen, den Hauptsatz aber angenommen wissen. Alle
diese Beschlüsse und Anträge begegneten jedoch dem Widerstande des
Plenums der II. K. (wo damals die Gegner der Zivilehe weit stärker
vertreten waren als in der I. K.) und, wie hinzuzufügen ist, auch einer
veränderten Haltung der Staatsregierung, welche, ihr eigenes Werk