Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

366 Artikel 20—26. Einfluß der Deutschen Grundrechte auf die oktr B. 
öffentlichen Schulwesens in ihrem geschichtlich begründeten und sachlich 
berechtigten Vorrang vor dem Privatunterricht, ihrem öffentlichrechtlichen 
Ansehen nicht herabdrücken, um an ihre Stelle dem Namen nach die 
Gewerbefreiheit der Privatlehrer, der Sache nach die Herrschaft der 
Kirche über die Schule zu setzen. 
Der § 13 der Reg Vorl hat denn auch nur die Bedeutung eines 
schnell überwundenen Standpunktes. Der Gedanke, die belgischen An- 
schauungen über Schule und Unterricht in complexu zu rezipieren, ist 
alsbald aufgegeben worden. Daß dies geschah, ist das Verdienst der 
preußischen Regierung und des Frankfurter Parlaments. 
Schon im Sommer 1848 gelangte man im preußischen Unterrichts- 
ministerium zur Klarheit darüber, daß es, wenn man die Rechtsgrund- 
lagen des Unterrichtswesens überhaupt in der Verfassung festlegen 
wolle, nicht darauf ankommen könne, bloß die Freiheit des Privat- 
unterrichts zu proklamieren, daß die Aufgabe vielmehr darin bestehe, unter 
Bewahrung der Dignität des öffentlichen Unterrichtswesens, unter Voran- 
stellung desselben vor dem Privatunterricht ersteres in seinen Grundzügen 
zu regeln, damit seinen Bestand zu sichern und seine Fortentwicklung 
zu gewährleisten. Bereits im August 1848 sind im Unterrichtsministerium 
(wie die Einsicht der Akten desselben ergeben hat) auf Anregung des 
damaligen Ministerialdirektors, nachherigen Ministers v. Ladenberg die 
ersten Entwürfe zu neuen Verfassungsbestimmungen über Schule und 
Unterricht aufgestellt worden; sie wurden bald darauf vom Staats- 
ministerium gutgeheißen und später alsdann, nach nochmaliger, das 
Wesentliche aber nicht ändernder Umarbeitung, in die oktr V (Art. 17—22, 
entsprechend den Art. 20—25 der revV) ausgenommen. Die ziemlich 
ausführlich gehaltene Begründung dieser Bestimmungen bildet die zweite 
Hälfte der oben (vgl. S. 265, 283 und anderwärts) vielfach in Bezug 
genommenen, im Dezember 1848 veröffentlichten amtlichen Denkschrift 
„Erläuterungen, die Bestimmungen der Vll vom 5. Dezember 1848 über 
Religion, Religionsgesellschaften und Unterrichtswesen betreffend“. 
In dieser ihrer gesetzgeberischen Tätigkeit hat die Staatsregierung 
sich im Sommer und Herbst 1848 viel weniger von der Berliner als 
von der Frankfurter Nationalversammlung leiten lassen. Die Beschlüsse 
der ersteren gedachte man nicht so sehr zu befolgen, als man sie (freilich 
vergeblich) zu beeinflussen versuchte, — die der letzteren dagegen wurden 
schon in ihrer Entwurfsgestalt, d. h. in der Formulierung, die ihnen 
der, Verfassungsausschuß des Frankfurter Parlaments gegeben hatte, sorg- 
fältig erörtert und berücksichtigt, so daß die Art. 17ff. der oktr V fast 
durchweg auf den einschlägigen Bestimmungen der „Grundrechte des
	        
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