Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

388 Attikel 21. Rechtsfolgen der Nichterfüllung der Schulpflicht. 
beizuwohnen nicht angehalten werden“: 3 11 II 12 ALR. Kinder ohne 
jeden Religionsunterricht auswachsen zu lassen gilt, wie in anderm 
Zusammenhange (bei Art. 12, S. 233ff.) dargelegt, in Preußen als 
unerlaubt und werden daher die „Dissidentenkinder“ im Verwaltungs- 
wege und durch gerichtliche Bestrafung ihrer Eltern gezwungen, den 
Religionsunterricht ihrer Schule zu besuchen, eine Praxis, die durch 
den Min Erl vom 16. Januar 1892 (v. Bremen a. a. O. 597, vgl. oben 
S. 234) aufs neue befestigt worden ist. 
V. Die Nichterfüllung der Schulpflicht zieht im Falle des Ver- 
schuldens Strafe und in jedem Falle, soweit dies zur Brechung von 
Ungehorsam erforderlich ist, Verwaltungszwang nach sich. 
Die Strafen, welchen diejenigen sich aussetzen, die ihre Kinder 
oder Pflegebefohlenen unentschuldigt die Schule versäumen lassen (Schul- 
versäumnisstrafen) wurden früher als Exekutivstrafen angesehen, zu 
deren Androhung und Festsetzung die Polizeibehörden kraft ihrer all- 
gemeinen administrativen Zwangsgewalt zuständig seien. Die Schul- 
versäumnisstrafen sind aber, wie dies unter dem Eindrucke der Ent- 
scheidungen des Komp GCH#vom 14. März 1863 und 10. Dezember 1864 
(abgedruckt bei Schneider und v. Bremen, Volksschulwesen 3 45ff.) auch 
von der Verwaltungspraxis eingesehen worden ist, keine Exekutiv-, sondern 
Kriminalstrafen, welche nur auf Grund diesbezüglicher besonderer 
Gesetze oder gesetzmäßiger Verordnungen durch die ordentlichen Ge- 
richte, durch die Polizeibehörden aber nur insoweit verhängt werden 
können, als diese zur vorläusigen Straffestsetzung wegen Ubertretungen 
durch StrpO I§s§ 453 f. und Gesetz vom 23. April 1883 (Ge 65) er- 
mächtigt sind. 
Das die Strafdrohungen gegen Schulversäumnis enthaltende Recht 
ist sehr zersplittert. 
Gesetzliche Bestimmungen, welche solche Strasdrohungen unmittel- 
bar aussprechen, bestehen nur in der Rheinprovinz (KO vom 20. Juni 
1835, GS 134), in Hannover (Hannöversches PolizeiStrG B vom 25. Mai 
1847, §125, vgl. v. Bremen, Die preußische Volksschule 601), Schleswig- 
Holstein und Hohenzollern (vgl. v. Bremen a. a. O. 601, 602). 
In den übrigen Landesteilen ist die Materie im Verordnungs- 
wege geregelt. 
Für die östlichen Provinzen bestimmt der (durch Gesetze vom 
6. Mai 1886, GS 144 und vom 25. Juli 1910, GS 225 auch in Ost- 
preußen, Westpreußen, Schlesien, Pommern ein= bzw. wiedereinge- 
führte § 18 II 12 AL R: „Ihnen (den Schulaufseherm) liegt es ob, unter 
Beistand der Obrigkeit darauf zu sehen, daß alle schulpflichtigen Kinder
	        
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