Artikel 23. Begriff und Wesen der Schulaufsicht. 411
Andermfalls, soweit der Staat selbst als Träger der unmittelbaren Ver-
waltung einer Unteriichtsanstalt erscheint, ist es juristisch nicht korrekt,
das Verhältnis dieser Verwaltung zu den ihr vorgesetzten Staats-
behörden „Aufsicht“ zu nennen. Die „Aussicht“, welche der Staat über
seine eigenen Anstalten führt, ist mehr und etwas anderes als Aufsicht;
sie ist in Wahrheit keine Aufsichts-, sondern die allgemeine Dienst= und
Leitungsgewalt, welche den höheren Organen eines Gemeinwesens,
hier des Staates, über die niederen Organe desselben Gemeinwesens
begriffsmäßig zusteht. Es handelt sich hier lediglich um die Hand-
habung dienstlicher Subordinationsverhältnisse durch die „vorgesetzte
Behörde“, — also um etwas von dem Rechtsinstitut der Aussicht
spezifisch Verschiedenes. Reine Staatsunterrichtsanstalten in dem hier
vorschwebenden Sinne sind z. B. die Lehrerseminare, die vom Staate
eingerichteten und unterhaltenen Gymnasien (Gymnasien „königlichen
Patronats"), die technischen und andern Spezial-Hochschulen, sowie endlich,
worüber man sich durch die korporativ anmutenden Einrichtungen ihrer
Verfassung nicht täuschen lassen möge, die Universitäten. Was dem
Staate allen diesen Anstalten gegenüber zusteht, ist nicht bloße Aussicht
im strengen Sinne, sondern die gesamte, teils unmittelbar vollziehende,
teils den Vollzug leitende Verwaltung.
Nicht-Staatstätigkeit dagegen ist das gesamte Privatunter-
richtswesen, das öffentliche Unterrichtswesen (abgesehen von den eben
genannten reinen Staatsunterrichtsanstalten) aber nur zu einem Teile,
nicht im ganzen. Im öffentlichen Unterrichtswesen ist nur die
Verwaltung der „äußeren Angelegenheiten“ nicht Staats-, sondern
Gemeindesache. Dies gilt (Art. 24 Abs. 3 Satz 1, VuG##5s 43ff., s. unten
S. 454 ff.) insbesondere für die Verwaltung der öffentlichen Volksschulen.
Außere Angelegenheiten sind diejenigen, welche die Errichtung, Unter-
haltung, Ausstattung und das Vermögen der Schulen betreffen (vol.
den § 26 des Entwurfs des VUG, unten S. 461); ihre Ver-
waltung, die „äußere Schulverwaltung“, betätigt und erschöpft sich
wesentlich in der Herstellung und Beschaffung der für die Entfaltung
der Lehr-- und Lerntätigkeit in der Schule erforderlichen Vorbedingungen
und Mittel. Diesen „äußeren“ Angelegenheiten stehen gegenüber die
„inneren“. Sie sind der Zweck, für welchen die äußere Verwaltung die
Mittel schafft. Innere Angelegenheit ist alles, was sich „auf das innere
Leben der Schule, auf den Unterricht, Lehrplan, Methode, Schulbesuch
und Schulzucht“ bezieht (v. Bremen, VllG# (2. Aufl.] 111, Loening,
Jahrb öff R 3 81). Die Verwaltung der inneren Angelegenheiten be-
stimmt nach Maßgabe des Gesetzes, wer lehren darf und wer lernen