Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

412 Artikel 23. Die Schule als Staatsanstalt. 
darf oder lemmen soll, was gelehrt und erleimt, und wie es gelehrt 
und erlernt werden soll. 
Diese Unterscheidung zwischen äußeren und inneren Angelegen- 
heiten ist deshalb besonders wichtig, weil sie — worauf noch in andem 
Zusammenhängen zurückzukommen sein wird (s. unten 457ff.) — der 
Trennung der Kompetenz von Staat und Gemeinde auf dem Gebiete 
des öffentlichen Unterrichtswesens, vorab des Volksschulwesens, zugrunde 
liegt. Das trennende Prinzip geht dahin: die äußeren Angelegen- 
heiten der Gemeinde, die inneren dem Staat. Nur die Ver- 
waltung der ersteren ist Gemeindeverwaltung, die der letzteren dagegen 
auf allen Stufen und in allen Instanzen — mögen auch in der Lokal- 
instanz kommunale und kirchliche Organe nebenamtlich mit ihr betraut 
sein — eigene und unmittelbare Staatsverwaltung. Damit 
erweist sich der wichtigste und wesentlichste Zweig der Unterrichtsver- 
waltung als Staatsangelegenheit. Die ausschließliche Zuständigkeit auf 
dem Gebiete der inneren Angelegenheiten macht den Staat zum Herrn 
der Schule, vor allem der Volksschule. Der Träger der äußeren 
Schulverwaltung — nach der Verfassung und dem Vu also die 
Gemeinde — baut, wörtlich und bildlich, der Schule das Haus, Herr 
im Hause aber ist der Staat. 
Dieses unbedingte Überwiegen des Staatswillens in der Ver- 
waltung des öffentlichen Unterrichtswesens ist keineswegs eine spezifisch 
preußische Eigentümlichkeit. Es besteht auch anderwärts in Deutsch- 
land. Lehrreich ist namentlich der Einblick, welchen die Darstellung 
v. Seydels, Bayerisches StR 3 643, in die mit den preußischen durch- 
aus gleichartigen bayerischen Verhältnisse gewährt. Die Bezeichnung 
der Volksschulen als Gemeindeanstalten verwirft Seydel als völlig un- 
richtig. „In Wahrheit sind die Volksschulen Staatsanstalten.“ 
„Die Gemeinden haben im eigenen Wirkungskreise keinerlei gesetzlichen 
Einfluß auf die Verwaltung (gemeint ist die „innere") des Volksschul- 
wesens ..“ „Der Staat regelt die Schulaufsicht und handhabt sie 
durch seine Behörden; er besetzt die Lehrstellen, bestimmt die Sprengel, 
ordnet den Unterricht, handhabt die Schulzucht, kurzum, die Volks- 
schulen sind nach jeder Richtung hin Verwaltungseinrichtungen des 
Staates. Der Staat nimmt auf das nahe Interesse, welches die Ge- 
meinden an der Verwaltung des Volksschulwesens haben, insofern 
Rücksicht, als er denselben eine Vertretung in seinen örtlichen Schul- 
aussichtsbehörden zugesteht, ihnen wohl auch Einfluß auf die Besetzung 
der Lehrstellen einräumt . Es ist klar, daß hierdurch die Volks- 
unterrichtsverwaltung ebensowenig zu einem Gegenstande der Gemeinde-
	        
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