Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

416 Artikel 23. Schulaufsicht und Berwaltung der inneren Schulsachen. 
Jene Außerungen und parlamentarischen Vorgänge reden eine deut- 
liche Sprache. Die Urheber der Verfassung waren sich bewußt, daß nach 
dem geltenden Recht in der „Schulaufsicht“ die Verwaltung der inneren 
Schulangelegenheiten stets enthalten gewesen war, und wollten hieran 
nichts ändern. Der Rechtssatz, daß die Verwaltung der inneren Schul- 
angelegenheiten nicht Gemeindesache, auch nicht Kirchensache, sondern 
Staatssache ist, ist also in die Verfassung übergegangen: die „Aussicht" 
im Sinne des Art. 23 Abs. 1 enthält die ausschließliche Zuständigkeit 
des Staates im Bereiche der inneren Angelegenheiten der öffentlichen 
Schulen. Diese Zuständigkeit ergibt sich andererseits auch aus Art. 24 
Abs. 3 Satz 1. Wenn es dort heißt: „Die Leitung der äußeren An- 
gelegenheiten der Volksschule steht der Gemeinde zu“", und wenn man 
semer bedenkt, daß Art. 24 dazu bestimmt ist, der Gemeinde und der Kirche 
denjenigen Anteil an der Verwaltung des öffentlichen Unterrichtswesens 
zu gewährleisten, den sie nach dem Willen der Verfassung fortab haben 
sollen, so folgt e contrario, daß der Wirkungskreis der Gemeinde sich 
auf die nicht-äußeren, also die inneren Angelegenheiten grundsätzlich 
nicht erstrecken soll. Den Religionsgesellschaften aber ist ein Einfluß 
auf die interna nur in Gestalt der — das staatliche Aussichtsrecht nicht 
beschränkende — „Leitung des religiösen Unterrichts“ (Art. 24 Abs. 2, 
s. unten S. 447ff.) zugestanden; ein Zugeständnis, dem es an dem 
erforderlichen Ausführungsgesetz fehlt und welches daher zurzeit nur 
den Wert einer Verheißung hat. Gegenüber dem Rechtsprinzip, welches 
die „inneren Angelegenheiten“ als Ganzes dem Staate zuspricht, können 
Gemeinde und Kirche als solche einen Anteil an diesen Angelegenheiten 
nur insoweit beanspruchen, als ihnen spezialgesetzliche Titel zur Seite 
stehen. Solche Titel sind aber weder in der konstitutionellen noch in 
der vorkonstitutionellen Gesetzgebung vorhanden (vgl. auch oben S. 406 ff.). 
Diese negative Tatsache genügt allein, um die von Preuß (Af öff R 
15 202ff., 20 230 ff., Recht der städtischen Schulverwaltung in Preußen 
16 ff.) aufgestellte und mit Lebhaftigkeit verfochtene Lehre, wonach die 
städtische Schulverwaltung sich gleicherweise auf die inneren wie auf 
die äußeren Angelegenheiten beziehen soll, zu widerlegen. Gegen Preuß 
ist vor allem geltend zu machen — und von Loening, Jahrb öff R 
3 81ff., v. Bremen, VuU 113ff., Trautmann, Alfföff R 19 536ff., 583, 
überzeugend nachgewiesen worden, daß die Städteordnung vom 19. No- 
vember 1808 nach Wortlaut (*3 179 zu b) und Absicht des Gesetzgebers 
den Stadtgemeinden nur die äußere, nicht auch die innere Schul- 
verwaltung überträgt. Die örtliche „Behörde zur Besorgung der inneren 
Schulangelegenheiten“, über deren Organisation § 179 litt. b der StO
	        
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