Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 23. Rechtliche Stellung der Bolksschullehrer. 427 
der inneren Unterrichtsangelegenheiten ist eigene und unmittelbare 
Staatsverwaltung; zu ihr aber gehört nicht nur die Beausfsichtigung, 
sondern auch die Erteilung des Unterrichts. Wenn irgend wer, so ist 
der Lehrer „Träger des inneren Lebens der Schule“ (v. Bremen 
Vl G 116); sein Amt ist mithin nach positivem Recht Staatsorganschaft, 
nicht Gemeindeorganschaft: Staats-, nicht Gemeindegewalt übt er aus, 
wenn er den Unterricht erteilt, den Schulbesuch kontrolliert, die Schul- 
zucht handhabt (übereinstimmend Zorn, Pr VBl 31 539fsf. und Giese 
a. a. O. 104 ff., deren Ausführungen sich auf die Lehrer an höheren 
Schulen beziehen). 
Es ist freilich zuzugeben, daß keine der beiden in Frage stehenden 
Theorien ausnahmslos zutrifft. Beide sind Regeln, die Ausnahmen 
dulden. Es gibt Beamte, die nicht von dem Oberhaupt oder sonstigen 
Organ ihres, sondern eines anderen Gemeinwesens angestellt werden 
(mittlere Beamte der Reichspost- und Telegraphenverwaltung: Reichs- 
beamte, welche die Landesregierung ernennt; weitere Beispiele bei 
Giese a. a. O. 90ff.), — und es gibt, wofür die Konsistorialbeamten 
der evangelischen Landeskirchen (oben S. 322ff.), die mit der Hand- 
habung der Ortspolizei betrauten Gemeindebeamten (oben S. 327) 
und die Offiziere (oben daselbst) sprechende Beispiele liefern, auch solche, 
welche die Kompetenz und Gewalt eines anderen Gemeinwesens aus- 
üben als desjenigen, in dessen Diensten sie stehen. Immerhin aber be- 
gründet sowohl der Charakter des Anstellungsorgans wie die Natur der 
von dem Angestellten ausgeübten Kompetenz eine Vermutung für die 
Art des Dienstverhältnisses. Die Beweiskraft dieser Vermutung wird. 
verstärkt, wenn sie sich, wie hier, nicht nur auf eines der beiden 
relevanten Momente, sondern auf beide stützen kann: wenn, wie es 
bei den Lehrern der Fall ist, dasselbe Gemeinwesen, der Staat, als 
Subjekt des Anstellungsrechts und Träger der Amtskompetenz erscheint. 
Die Vermutung wird endlich zur Gewißheit erhoben, wenn man die 
nähere Ausgestaltung des „für den Schulverband“ (oben S. 421) be- 
gründeten Dienstverhältnisses betrachtet. Dieses Verhältnis ist ganz 
und gar unmittelbarer Staatsdienst. Jeder Dorsschullehrer steht, wie 
schon bei der Beratung des Art. 23 Abs. 2 richtig erkannt wurde (s. 
oben S. 415), „in unmittelbarer Verbindung mit dem Staat“. In 
der Tat untersteht er dem Staate unmittelbar, nicht durch das Medium 
der Gemeinde. Dienstvorgesetzter des Volksschullehrers ist nicht der 
Bürgermeister oder Gemeindevorsteher, auch nicht die Stadtschuldeputation 
oder der Schulvorstand (erstere auch dann nicht, wenn und soweit sie 
mit der Wahrnehmung schulaufsichtlicher Funktionen betraut ist, vgl. oben
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.