428 Artikel 23. Rechtliche Stellung der Volksschullehrer.
407), sondern der königliche Kreisschulinspektor; vorgesetzte Behörde
höherer Instanz ist die königliche Regierung, Abteilung für Kirchen= und
Schulwesen. Zu den Gemeindebehörden steht er dienstlich in gar keiner Be-
ziehung. Er wird ausschließlich von staatlichen Behörden ernannt, vereidigt
(unter Anwendung der für die unmittelbaren Staatsbeamten geltenden
Eidesformel), instruiert, kontrolliert, diszipliniert, in den Ruhestand versetzt,
entlassen. Er kann, wie jeder andere nichtrichterliche Staatsbeamte, jeder-
zeit „im Interesse des Dienstes“ ohne und wider seinen Willen auf eine
andere Stelle von gleichem Rang, gegen Vergütung der tarifmäßigen Um-
zugskosten, versetzt werden (VUG # 62 Abs. 1, 2 und DisziplG. vom
21. Juni 1852 § 87 Nr. 1). Er ist ein Glied (das unterste, aber vielleicht
das wichtigste) der Hierarchie der staatlichen Unterrichtsverwaltung. Es ist
nichts an seinem Dienstverhältnis, was an den bloß „mittelbaren“ Staats-
beamten erinnerte. Die Staatsregierung hat die Volksschullehrer auch
stets wie unmittelbare Staatsbeamte behandelt, obwohl sie es, nach der
hartnäckig festgehaltenen Meinung der Behandelnden, nicht sein sollen.
Also: in der Theorie sind die Lehrer mittelbare, in der Praxis un-
mittelbare Beamte. Wie will man hier Theorie und Praxis in Ein-
lang bringen? Etwa mit der Fiktion, der Schulverband werde in
allen seinen dienstherrlichen Rechten durch die Schulaufsichtsbehörde
vertreten? Statt dessen liegt es doch wohl handgreiflich nahe, an-
zuerkennen: die Lehrer werden mit Recht als unmittelbare Staats-
beamte behandelt, — aber nicht, obwohl sie solche nicht sind, sondern
weil sie es sind.
Lehrreich ist der Vergleich der hier besprochenen preußischen Rechts-
verhältnisse mit den analogen in Bayern und Baden; vgl. Piloty, Das
Disziplinarrecht der bayerischen Volksschullehrer, Af öff R 23 479ff.; Walz
im Jahrb öff R 5 539—542.
Von der hier vertretenen Auffassung weichen ab Mertin, DJZ XIV
1359, Delius im Pr VBl 31 92 und Schönborn, Jahrb öff R 4 300, welche,
der von dem Justizminister im Landtage vertretenen Ansicht (loben S. 423,
424) folgend, betreffs der Haftpflicht für Lehrer Fortdauer des früheren
Rechtszustandes behaupten. Schönborn will die Lehrer deshalb nicht
als unmittelbare Staatsbeamte gelten lassen, „weil sie im allgemeinen
ihr Diensteinkommen nicht aus einer Königlichen Kasse beziehen, auch
die Schulverbände meist bei ihrer Anstellung mitwirken“. Beide Momente
sind indessen nach dem oben Gesagten unerheblich; das zweite um so mehr,
als es sich dabei nur um eine akzessorische „Mitwirkung“ handelt, während
der die Begründung des Dienstverhältnisses bewirkende Akt, die An-
stellung, vom Staate ausgeht (oben S. 421, 426). —