Artikel 23. Die Lehrer an den höheren Unterrichtsanstalten. 49
Folgt man der oben 425 ff. vorgetragenen Meinung, so muß man bei
Amtspflichtverletzungen der Volksschullehrer de lege lata, nach dem Gesetz
vom 1. August 1909 51, den Staat für haftbar erklären. De lege keren-
da aber muß die Ubertragung der Haftpflicht auf die Gemeinden bzw.
anderweiten Schulverbände (mit Staatsunterstützung im Falle des Un-
vermögens) befürwortet werden, da, nach der bei Beratung des Gesetzes
vom 1. August 1909 von verschiedenen Seiten (oben S. 423) geäußerten
und richtigen Ansicht die Haftpflicht als Teil der Schulunterhaltungs-
pflicht anzusehen und mit dieser nach Art. 25 Abs. 1 der Gemeinde
zur Last zu legen sst.
II. Nicht anders als die des Volksschuldienstes ist die rechtliche
Natur des Lehrdienstes an den höheren öffentlichen Unterrichts-
anstalten zu beurteilen.
Was zunächst die Professoren und sonstigen angestellten Lehrer
der Universitäten und andern staatlichen Hochschulen (oben 411) be-
trifft, so hat über deren Eigenschaft als Staatsbeamte und zwar als
unmittelbare Staatsbeamte niemals ein Zweifel bestanden. Es ist
auch nicht abzusehen, wie ein solcher Zweifel begründet werden möchte.
Sodann die Lehrer an den Mittelschulen i. w. S. (Gymnasien,
Realgymnasien, Oberrealschulen, höhere Mädchenschulen usw.) und den
Lehrerseminaren. Sie sollen nach ALKR II 12 F§ 65 als „Beamte des
Staats“ angesehen werden, ohne daß doch das Gesetzbuch sagt, ob als
unmittelbare oder als mittelbare. Unzweifelhaft unmittelbar ist das
Dienstverhältnis, wenn die Anstalt, an welcher der betreffende Lehrer
tätig ist, vom Staate unterhalten wird, also nicht nur, wie jede öffent-
liche Schule in Preußen, quoad inspectionem et directionem, sondern
auch qucad dominium et sustentationem „Staatsanstalt" ist. Dies trifft
zu bei den „königlichen“ Gymnasien und bei den Lehrerseminaren
(oben 411). Infolgedessen sind die an ihnen amtierenden Lehrer ohne
weiteres unmittelbare Staatsbeamte. Hierüber herrscht auch in der
Literatur nahezu völlige Einstimmigkeit; aM betreffs der Lehrer an
den königlichen Gymnasien ist nur Weber (Pr VBl 31 438ff.), welcher
die dieser Kategorie Angehörigen für Diener der mit Rechtsfähigkeit
ausgestatteten Anstalt und insoweit für „mittelbare“ Beamte erklärt.
Die Ausführungen Webers haben nirgends Beifall gefunden und sind
von Wenzel, Hauck, namentlich aber von Giese (a. a. O. 50ff.) erfolg-
reich, man darf sagen endgültig widerlegt worden.
Streitiger ist die rechtliche Stellung der Lehrer an höheren Unter-
richtsanstalten, die nicht vom Staate unterhalten werden, insbesondere
also der Lehrer an städtischen und anderen kommunalen, sowie Stiftungs-