Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

434 Artikel 24. Entstehungsgeschichte. 
und vielleicht diesen mitunter zu sehr, zu berüchsichtigen“ (Ber des ZAussch 
a. a. O. 1056 Sp. 2). Über den Einfluß der Religionsgesellschaften auf 
den Religionsunterricht fand im ZAussch keine nennenswerte Debatte 
statt. Der Vorschlag, im Abs. 2 statt „besorgen und überwachen“ 
zu setzen: „leiten“, wurde (a. a. O. 1056 Sp. 2) einstimmig angenommen, 
ohne daß erkennbar ist, ob man mit dieser Anderung etwas anderes 
bezweckte als eine Vereinfachung des Ausdrucks. Hervorgehoben wurde 
aber, daß die Vorschrift über den Religionsunterricht nur für die Volks- 
schulen, nicht auch für die höheren Schulen gelte. Der Zaussch be- 
antragte, den Artikel so zu fassen: 
Der Staat stellt unter gesetzlich geordneter Beteiligung der 
Gemeinden aus der Zahl der Befähigten die Lehrer der össent- 
lichen Volksschulen an. 
Den religiösen Unterricht in der Volksschule leiten die betreffen- 
den Religionsgesellschaften. 
Im Plenum der I. K. stieß der so gestaltete Artikel sofort auf 
den Widerspruch derer, denen er in kirchlicher Richtung nicht weit genug 
ging. Die bei dem vorhergehenden Artikel unternommenen und ge- 
scheiterten Angriffe auf die Herrschaft des Staates über die Schule 
(s. oben bei Art. 23 S. 403ff.) wiederholten sich. Der Abg. Nitzsch 
(I. K. 1059) behauptete, der Artikel enthalte eine vollkommene Ver- 
leugnung aller der kirchlichen Beteiligung am Volksschulwesen, welche 
die Staatsregierung selbst als eine rechte und zweckmäßige dargestellt 
habe. Entschiedener ging der Abg. Brüggemann (einer der Wortführer 
der in der Bildung begriffenen katholischen Partei) vor. Er beantragte, 
die Art. 21, 22, 23 oktr V (— Art. 24, 25, 26 der rev V) zu streichen, 
eventuell aber, sie durch folgende Vorschriften zu ersetzen: 
Art. 21. Bei der Einrichtung der öffentlichen Volks- 
schulen sind die konfessionellen Verhältnisse möglichst 
zu berücksichtigen. Den Religionsunterricht und die religiös- 
kirchliche Erziehung der Jugend in den öffentlichen Volksschulen 
leiten die betreffenden Religionsgesellschaften, welchen daher auch 
eine Mitaufsicht über diese Schulen zusteht. 
Art. 22. Die Lehrer an den öffentlichen Volksschulen werden 
unter gesetzlich geordneter Beteiligung der Gemeinden und unter 
Mitwirkung der betreffenden Religionsgesellschaften aus der Zahl 
der Befähigten angestellt (I. K. 1041, 1042). 
In einer längeren Rede (I. K. 1065 f.) legte Brüggemann das 
Gedankensystem, dessen Auesdruck diese Anträge bilden, eingehend dar.
	        
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