Artikel 24. Entstehungsgeschichte. 435
Die Anträge wollten über das schon in der oktr V zugestandene Recht
der Leitung des Religionsunterrichts hinaus der Kirche und ihren
Interessen drei Dinge erstreiten und verfassungsmäßig festlegen:
die Einrichtung der Volksschule „möglichst“ als Konfessions-
schule, also das grundsätzliche Verbot der Simultanschule, —
die kirchliche „Mitaufsicht“ über das Ganze des Volksschulunter-
richts (nicht nur über den Religionsunterricht), —
die Mitwirkung der Kirche bei der Besetzung der Lehrerstellen.
Die Regierung zeigte nur in dem ersten dieser drei Punkte Be-
reitwilligkeit zum Entgegenkommen. Minister v. Ladenberg versicherte
(I. K. 1074), daß auch er die „Berücksichtigung der konfessionellen Ver-
hältnisse“ für etwas sehr Wichtiges halte. Diese Berücksichtigung erfolge
am besten dadurch, daß „jedes Bekenntnis da, wo es ausführbar,
möglichst eine eigene Schule erhält". Das „möglichst“ aber, so fuhr
der Minister fort, „enthält zwei Beschränkungen, nämlich die eine:
„soweit es die Rechte des Staates und die Ansprüche gestatten, welche
er an die Konfessionsschule zu machen hat“; und die andere: soweit
es nach den Zahlenverhältnissen ausführbar ist. Es gibt viele Orte,
wo es unmöglich sein wird, die Simultanschule zu verlassen. Wo die
mumerischen Verhältnisse so stehen, daß nur wenige Kinder von jeder
Konfession vorhanden sind, da ist die Möglichkeit, besondere Schulen
zu errichten, genommen. Für diesen Fall werden die Simultanschulen
nicht beseitigt werden können.“" —
Die weiterhin geforderten kirchlichen Mitaufsichts- und Mitwirkungs-
rechte der Kirche verbat sich der Minister: „Wenn durch die Verfassung
die Einwirkung der Kirche auf den religiösen Unterricht festgestellt ist,
so ist .. damit das Erforderliche gewahrt".. „Weiter darf man
der Regierung gegenüber nicht gehen; das Oberaufsichtsrecht über das
Unterrichtswesen in allen seinen Teilen muß ihr verbleiben, weil sie
die Pflicht hat, für den Unterricht genügend zu sorgen“. Die Kirche
werde allerdings bei der Ausübung dieser Oberaufsicht beteiligt werden,
indem man ihren Geistlichen Sitz und Stimme in den mit der „Lokal-
aufsicht“ zu betrauenden Schulvorständen einräumen werde. Dies werde
geschehen, „aber wohlverstanden nicht, um der Kirche als solcher die
Lokalaussicht zu übertragen, sondern, um im Auftrage des Staates
unter Mitwirkung der Kirche eine solche Lokalaussicht eintreten zu lassen.
„Hierin liegt ein Beweis des Vertrauens, den der Staat der Kirche
gibt, aber dieses Vertrauen muß der Staat bedingen durch
Wahrung seines Rechts"“. Die Regierung sei einverstanden, wenn
im Verfassungstext auf eine möglichste Berücksichtigung der konfessionellen
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