Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

440 Artikel 24. Konfessionsschule und Simultanschule. 
zu sagen, was sie darunter verstanden. Es liegt aber kein Grund zu 
der Annahme vor, daß die Worte damals etwas anderes bedeuteten 
als das, was sie stets bedeutet haben und noch heute bedeuten. Eine 
Konfessionsschule ist eine solche, bei der grundsätzlich nur Lehrer eines 
und desselben Bekenntnisses angestellt und Schüler des gleichen Be- 
kenntnisses aufgenommen werden, um damit zu gewährleisten, daß die 
Schüler nicht nur — wie selbstverständlich — den religiösen, sondern 
auch den gesomten sonstigen Unterricht von Lehrem ihrer Konfession 
empfangen. Eine Simultanschule ist eine Schule, bei der beides, An- 
stellung und Aufnahme, ohne Ansehen des Glaubensbekenntnisses, erfolgt, 
so daß eine Trennung der Schulkinder nach Konfessionen nur da eintritt, 
wo sie sachlich geboten ist: bei dem seiner Natur nach konfessionellen 
Religionsunterricht, während der Unterricht in den übrigen Lehrfächern 
allen Schülern gemeinsam erteilt wird durch Lehrer, deren Konfessions- 
zugehörigkeit gleichgültig ist. — 
Art. 24 Abs. 1 ist jahrzehntelang, bis zum VUG vom 28. Juli 1906, 
suspendiert geblieben. Während dieses Zeitraums galt das ältere Recht 
fort. Dieses hatte, was zunächst die eine Seite der „Berücksichtigung“, 
die Teilnahme kirchlicher Organe an der Leitung und Beaufsichtigung 
der Schulen, anlangt, zwingende Vorschriften nicht entwickelt. Wenigstens 
sind die §§ 12 ff. II. 12 ALR, wonach die Gerichtsobrigkeit jedes Ortes 
bei der „Direktion“ der Schule die Geistlichkeit zuziehen soll, die un- 
mittelbare Aufsicht über die Schule von der Obrigkeit und dem Orts- 
geistlichen gemeinsam zu handhaben ist usw., in der Staatspraxis von 
jeher nicht als gesetzkräftige, sondern nur als Verwaltungsvorschriften 
aufgefaßt worden, die durch Verordnungen der Unterrichtsverwaltung 
abgeändert werden können (Loening im Jahrb öff R 3 80, 81). Die 
Vertretung der Kirche in den örtlichen Schulbehörden (Schuldeputationen 
in den Städten, Schulvorständen auf dem Lande) und die Bestellung 
der Geistlichen zu Orts- und Kreisschulinspektoren wurden als Fragen 
der Behördeneinrichtung bzw. des Amterbesetzungsrechts behandelt und 
demgemäß — durchaus im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen 
des preußischen Staatsrechts (s. unten bei Art. 45 und 62) — für die 
Organisationsgewalt der Krone und der Unterrichtsverwaltung in An- 
spruch genommen. In Ausübung dieser Organisationsgewalt war schon 
in der Zeit vor der Verfassung den Geistlichen der Hauptkonfessionen 
Sitz und Stimme in den städtischen Schuldeputationen eingeräumt, 
war der Pfarrer loci zum regelmäßigen Vorsitzenden des ländlichen 
Schulvorstandes bestellt worden, — während es nicht auf ausdrücklicher 
Vorschrift, sondern auf Brauch und Tradition beruhte, die Amter des
	        
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