Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

442 Artikel 24. Konfessionsschule und Simultanschule. 
partei beizutragen verbunden.“ Der Gesetzgeber gestattet offenbar 
beide Möglichkeiten: die gemeinsame Schule, welche von den „Haus- 
vätern“ ohne Unterschied der Konfession, und die „mehreren gemeinen 
Schulen“, je eine für jede Konfession, welche von getrennten Hausväter- 
sozietäten unterhalten werden. Eine Vorliebe für das eine oder andere 
System wird man aus dem A###s schwerlich herauslesen können. Der staat- 
lichen Unterrichtsverwaltung waren in keiner Weise die Hände gebunden, 
das Schulwesen eines Ortes je nach Lage der Verhältnisse konfessionell 
oder simultan zu gestalten, und bei dieser administrativen Machtvoll- 
kommenheit blieb es auch im 19. Jahrhundert, um so mehr, als die Reg.- 
Instr. von 1817, 5& 18 zu k (oben S. 405, 406, 414) den Bezirksregierungen 
ausdrücklich und ganz allgemein das Recht gab, „Schulsozietäten ein- 
zurichten und zu verteilen, wo die Ortschaften es wünschen oder Lokal- 
umstände es nötig machen“. Das heißt soviel wie: die Regierung 
grenzt für jede Schule ihren Bezirk, den Schulsprengel (der nach dem 
A#n mit der politischen Gemeinde nicht zusammenzufallen braucht) 
ab und faßt die darin wohnenden „Hausväter“ (Ülber diesen Begriff 
s. unten bei Art. 25 S. 473) zur „Schulsozietät“ zusammen. Sprengel 
und Sozietät können konfessionell gemischt, aber auch konfessionell ge- 
trennt sein; im letztern Falle besteht an demselben Orte eine evan- 
gelische und eine katholische Sozietät bzw. Schule. Das „Verteilen“ 
im Sinne der Reg Instr § 18 zu k begreift die Befugnis in sich, sowohl 
lokale als konfessionelle Teilungen und Trennungen anzuordnen, 
also bisher interkonfessionelle Sozietäten in mehrere konfessionell ein- 
seitige zu zerlegen (Konfessionalisierung), und ebenso, „wo Lokal- 
umstände es nötig machen“", auch die umgekehrte Operation der Zu- 
sammenlegung (Simultanisierung) vorzunehmen. Alles hing letzten 
Endes von dem Ermessen der Verwaltung ab, die auch bezüglich der 
Konfession der anzustellenden Lehrer an gesetzliche Schranken nicht ge- 
bunden war. Die Unterrichtsverwaltung hatte somit nach dem vor 
der Verfassung geltenden Recht freie Hand, die Volksschulen konfessionell 
oder simultan einzurichten, und behielt diese Freiheit, da die verfassungs- 
mäßige Festlegung des Konfessionalismus durch Art. 24 Abs. 1 vorerst 
suspendiert blieb, auch weiterhin (so die vielfach geäußerte und be- 
tätigte Meinung der Staatsregierung; ihr stimmen zu: Hinschius, Kirchen- 
recht 4 589, 590, Loening, VerwK 744 und im Jahrb öff R 3 72, 108, 
Arndt im A föff R1 530, OG 28 169ff.). 
Die Anschauungen der Unterrichtsverwaltung über Wert und Zweck- 
mäßigkeit der Simultanschule haben gewechselt, doch kunn man eigent- 
lich von keinem der dieses Ressort leitenden Minister sagen, daß er das
	        
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