448 Artikel 24. Leitung des Religionsunterrichts durch die Kirche.
Abs. 2 für den Schulunterricht zugunsten des Konfessionalismus beseitigt
wäre, vgl. oben 280, 281), sondern als evangelischer bzw. katholischer
erteilt. Dies folgt aus der Wendung „die betreffenden Religions-
gesellschaften"“, welche keine andere Deutung zuläßt als die, daß jede
einzelne konfessionelle Organisation den Unterricht ihres Bekenntnisses
leitet. Die Leitung durch die betreffenden Religionsgesellschaften er-
greift „den“, d. h. allen Religionsunterricht, welcher in der öffentlichen
Volksschule erteilt wird, wodurch ein anderer als der konfessionelle
Unterricht im Sinne des Abs. 2 ausgeschlossen ist.
b. Der Staat will also den Religionsunterricht im Lehrplan seiner
Schule behalten. Die Beweggründe dieses Entschlusses liegen, wie die
„Erläuterungen“ bekunden (s. oben 432, 433), nicht sowohl in der Hoch-
schätzung der Religion überhaupt und insbesondere als Erziehungs-
faktor, also auf ethischem und pädagogischem, als auf politischem Ge-
biet. Der Gesetzgeber befürchtet, daß, wenn man den Religions-
unterricht aus der öffentlichen Schule verbannt, die Kirche alle Kraft
daran setzen werde, durch ein eigenes, ihren Anforderungen und
Grundsätzen entsprechendes Schulwesen den öffentlichen, staatlichen
Schulen den Rang abzulaufen und hierdurch „den Volksunterricht zum
überwiegenden Teile in ihre Gewalt zu bekommen“. Die hiermit ge-
stellte Aufgabe, den religiösen Unterricht als seine eigene Angelegenheit
zu behandeln, könne der Staat nun aber, so folgern die Erläuterungen
(s. oben 432) weiter, nicht allein, sondern nur mit Hilfe der Kirche
lösen, derart, daß den „berufenen Organen“ der Kirche die „nächste
Aufsicht“ über den Religionsunterricht übertragen werde. Ee ist dieselbe
Erwägung, welche nach Jahrzehnten in der Begründung des Zedlitzschen
Volksschulgesetzentwurfs (1892; vgl. v. Bremen, Volksschule 25, 26)
wiederkehrt: „Die Entscheidung darüber, ob der sachliche Inhalt des
Religionsunterrichts der Lehre derjenigen Religionsgesellschaft entspricht,
welcher die Kinder angehören, kann natürlich nur von den zuständigen
Organen der Religionsgesellschaften getroffen werden. Von diesem Ge-
danken aus hat die Verfassung den Religionsgesellschaften die Leitung
des Religionsunterrichts in der Volksschule zugesprochen.“ Ees ist deutlich:
der durch die Verfassung von der Kirche geschiedene, ihr ferner gerückte
Staat will auch im Punkte des Religionsunterrichts nicht mehr Kirche
sein; er spricht sich selbst den Beruf und die Fähigkeit ab, religiös-
kirchliche Fragen besser zu verstehen als die Kirche, er erkennt an, daß
die Kirche ihm in diesen Dingen überlegen ist: nicht rechtlich zwar, aber
durch Sachkenntnis. Ein Anerkenntnis, welches, wie die darauf be-
ruhende Einräumung eines gewissen Einflusses auf den schulplanmäßigen