Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

486 Artikel 25. Unentgeltlichkeit des Volksschulunterrichts. 
ungerechte Belastung der ärmeren Volksklassen darstellt. Abs. 3 will, 
wie der Unterrichtsminister v. Ladenberg in der oben 468ff. geschilderten 
Debatte der I. K. mit Recht bemerkte, nicht der Demokratie, wohl aber 
der Armut eine Konzession machen. 
Die solchergestalt zum Untergang verurteilte Institution des Schul- 
geldes hat jedoch aus finanziellen Gründen noch jahrzehntelang nicht 
entbehrt werden können. 
Erst in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde 
die Beseitigung des Schulgeldes, zunächst im Verwaltungswege, in 
Angriff genommen, und zwar im Zusammenhange mit der Gewährung 
von Staatsbeihilfen an die Schulverbände, welche den letzteren einen 
Ersatz für das Schulgeld bieten sollten. In demselben Zusammen- 
hange haben sodann die beiden Gesetze über die Erleichterung der 
Volksschullasten vom 14. Juni 1888 und vom 31. März 1889 (s. 
oben 474), indem sie durch Einführung des festen Staatsbeitrags zu 
der Besoldung jedes Volksschullehrers einen sehr erheblichen Teil der 
Schullast auf die Staatskasse übermahmen, die Aufhebung des Schul- 
geldes grundsätzlich ausgesprochen. Nach § 4 des Gesetzes vom 14. Juni 
1888 „findet die Erhebung eines Schulgeldes bei Volksschulen 
fortan nicht statt“. Ausnahmen sind nur in folgendem Umfange 
gestattet: 1. für solche Kinder, welche innerhalb des Bezirks der von 
ihnen besuchten Schule nicht einheimisch sind; 2. soweit als das bisher 
erhobene Schulgeld durch die Beiträge des Staates zu den Schullasten 
nicht gedeckt wird und andernfalls eine erhebliche Vermehrung der 
Kommunal= oder Schulabgaben eintreten müßte. Das hiemnach einst- 
weilen überhaupt noch zulässige Schulgeld bedarf in Landschulen der 
Genehmigung des Kreis-, in Stadtschulen des Bezirksausschusses. Von 
5 zu 5 Jahren ist zur Weitererhebung eine erneute Genehmigung 
erforderlich. 
Weitere Einschränkungen des Rechts zur Schulgelderhebung für ein- 
heimische Kinder brachte das Ergänzungsgesetz zum Gesetz vom 14. Juni 1888, 
vom 31. März 1889, Art. II. Damit ist das Schulgeld für Einheimische auf 
den Aussterbeetat gesetzt; es kommt gegenwärtig nur noch selten vor. Sein 
Gesamtbetrag im Staatsgebiet belief sich 1901 auf 418000 M. (v. Bremen, 
Volksschule 564), eine Summe, die noch nicht den sechshundertsten Teil der 
Schulunterhaltungskosten erreicht. Bald wird es völlig verschwunden sein. 
Dagegen ist das sogenannte Fremdenschulgeld wie von der Gesetzgebung 
der Jahre 1888/89 so auch von den späteren Gesetzen unberührt gelassen 
worden, wobei man von der Meinung ausging, daß die von Art. 25 
Abs. 3 geforderte Unentgeltlichkeit des Unterrichts sich nur auf diejenigen
	        
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