Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 26. Gesetzliche Regelung des Schulwesens. 491 
damit zur authentischen gesteigert, eine materielle Rechtsänderung nicht 
herbeigeführt worden. 
Ebensowenig bringt der zweite, den bisherigen Art. 112 wieder- 
holende Satz des Art. 26: 
„Bis zu anderweiter gesetzlicher Regelung verbleibt es hinsicht- 
lich des Schul- und Unterrichtswesens bei dem geltenden Rechte“ 
eine solche Rechtsänderung: Darauf ist noch zurückzukommen (unten 
S. 492 ff.). 
3. Das Schul= und Unterrichtswesen ist durch Gesetz zu regeln. — 
Die Zulässigkeit teil= oder stückweiser Regelung des Schul= und Unterrichts- 
wesens durch Spezialgesetze war schon vor dem Gesetz vom 10. Juli 1906 
nicht zu bestreiten und steht nunmehr auf Grund dieses Gesetzes un- 
zweideutig fest. Indem die gesetzgebenden Faktoren die früher erhobenen 
Verfassungsbedenken gegen die Spezialgesetze beseitigten, bekundeten sie 
zugleich den Entschluß, den so oft (1817, 1850, 1858, 1869, 1871, 1872ff., 
1890, 1892; s. das Nähere bei v. Bremen, Volksschule 3 ff.) erfolglos 
unternommenen Versuch einer vollständigen Kodifikation des gesamten 
Unterrichts-, ja auch nur des Volksschulrechts fernerhin nicht zu wieder- 
holen. Das Schul- und Unterrichtswesen wird daher in Preußen für 
absehbare Zeit nicht durch ein Gesetz, sondern durch eine Vielheit von 
Gesetzen geregelt sein. 
Die Spezialgesetzgebung ist an die durch Art. 20—25 festgelegten 
Grundsätze nicht minder gebunden als die Kodifikation des ganzen 
Unterrichtsrechts durch ein einheitliches Gesetz an sie gebunden sein 
würde. Jedes Abweichen von jenen Grundsätzen involviert somit eine 
Verfassungsänderung. AM Bornhak, Preußisches St R 3 673, der wohl 
„das künftige allgemeine Unterrichtsgesetz“, nicht aber die Spezialgesetz- 
gebung an die Richtschnur des Art. 20—25 binden will. Diese Ansicht 
ist jedenfalls mit der jetzigen Fassung des Art. 26 (G. vom 10. Juli 1906), 
welche die stückweise Regelung des Schulwesens der kodifikatorischen 
völlig gleichstellt, nicht vereinbar; sie steht auch im Widerspruch mit 
der Staatspraxis, welche, sobald sich bei der Harlamentarischen Beratung 
eines schulrechtlichen Spezialgesetzes Zweifel über den Einklang desselben 
mit den Art. 20—25 erhoben, die Prüfung dieser „Verfassungsfrage" 
von jeher für unerläßlich gehalten hat (so insbesondere bei den Verhand- 
lungen über das VU G#; vgl. Komm Ber des HdAbg zum VlI# 14 f., 
484 ff.). . 
DieWendung,,istdurchGefetzzuregeln«darfnichtalseinun- 
bedingtes Verbot verordnungsmäßiger Regelung des Schul- und 
Unterrichtswesens aufgefaßt werden. Art. 26 Satz 1 will nicht sagen,
	        
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