Artikel 27. Die Preßfreiheit. 503
Sinne, die Preßzensur (Druckschriftenzensur) zu verstehen, welche mit
der Theaterpolizei nichts zu tun hat. UÜbereinstimmend: OG# 24 314,
vRz 2 252, Schultzenstein im Vurch 5 467 ff., 13 565 f., Schwartz 107,
Arndt, Komm. 141, auch, unter Geltendmachung einiger Bedenken,
Wolzendorff, VArch 18 473 ff.; aM Vossen, Der Schutz der Gewerbe-
freiheit und der Verfassungsrechte (1910 , 43ff.
Wohl zu beachten ist der Zusammenhang der vorstehend ange-
gebenen Tätigkeiten mit der durch Art. 29, jetzt durch das RVG ge-
währleisteten Versammlungsfreiheit. Letztere begreift in sich das
Recht, bei einer Versammlung nicht nur anwesend zu sein, sondem
auch an den Erörterungen oder Kundgebungen, welche den Zweck der
Versammlung bilden, teilzunehmen. Somit genießen alle Meinungs-
dußerungen, aber auch sonstige „Außerungen“ (oben 501), soweit sie
einen integrierenden Teil der Versammlungstätigkeit darstellen, einerlei,
ob sie als solche und abgesehen von dieser Beziehung zu einer Ver-
sammlung unter Art. 27 fallen würden, den Schutz des RVG. Vgl.
hierüber OVG 54 251, O#G vom 18. November 1909 bei Reger 30
412, sowie unten S. 508—510 und bei Art. 29, 30 S. 527.
3. Die Preßfreiheit. — Zur Ausführung des Art. 27 in seiner
Eigenschaft als Garantie der Preßfreiheit erging das (durch V. vom
25. Juni 1867, GS-921, in den neuen Provinzen eingeführte Gesetz über
die Presse, vom 12. Mai 1851 (GS 273). An die Stelle desselben wie
der Übrigen deutschen Partikulargesetze über die Presse trat das Reichs-
gesetz über die Presse vom 7. Mai 1874, welches in seinem ersten
Paragraphen bestimmt:
Die Freiheit der Presse unterliegt nur denjenigen Be-
schränkungen, welche durch das gegenwärtige Gesetz vorgeschrieben
oder zugelassen sind.
Damit ist nicht sowohl die Beschränkung als die Anerkennung
und Gewährleistung der „Freiheit der Presse“ von der Reichsgesetz-
gebung übernommen und Art. 27 insoweit aufgehoben. Die Freiheit
der Meinungsäußerung beruht also in ihrem praktisch wichtigsten Teile,
als Preßfreiheit, dermalen auf dem Reicherecht.
Der Begriff der Preßfreiheit ist von dem Reichspreßgesetz (Pr G nicht
bestimmt, sondern als feststehend und bekannt vorausgesetzt. Er entspricht
dogmatisch dem ihn umschließenden weiteren Begriff der Freiheit der
Meinungsäußerung (s. oben 500) und bedeutet, wie dieser, einen ob-
jektiven Rechtsgrundsatz und ein subjektives Recht. Einen Rechts-
grundsatz: das Prinzip der gesetzmäßigen Verwaltung, bezogen auf die
Herstellung und Verbreitung von Preßerzeugnissen. Ein subjektives Recht: