Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 29, 30. Stellung der Ausländer nach dem RVG. 519 
188, 226, 391, 500, 501), welche ebenfalls auf dem oben 100ff. vorgetragenen 
richtigen und gerechten Gedanken beruhen, daß der Ausländer, solange 
ihm der Aufenthalt im Inlande gestattet wird, dem Inländer in bezug 
auf die bürgerlichen (Gegensatz: staatsbürgerlichen) Rechte grundsätzlich 
gleichsteht. 
Die hiervon abweichende, schon im Entwurf enthaltene Be- 
stimmung des RVG, &1 Abs. 1 Satz 1, wurde bei der Beratung des 
Gesetzes im Reichstag und außerhalb desselben — in der Literatur 
namentlich von Laband, DJIB 13 2ff. und von mir, Frankfurter 
Zeitung vom 12. Dezember 1907, Nr. 344 — lebhaft bekämpft. Man 
warf ihr vor, daß sie gegenüber den bisher von der Reichsgesetzgebung 
befolgten Grundsätzen eine ungerechtfertigte Neuerung bedeute, daß sie 
die Vereins- und Versammlungsfreiheit fälschlicherweise als ein staats- 
bürgerliches, dem Ausländer begriffsmäßig verschlossenes Recht behandle, 
während sie doch, wie sonst unbestritten, ein bürgerliches Recht sei, 
— daß sie zu polizeilichen Schikanen der Ausländer und damit zu 
Verstößen gegen internationale Rücksichten führen werde, — und daß 
sie vor allem im Unklaren lasse, welche Rechtsvorschriften denn im 
Falle der Unanwendbarkeit des RVG für die Beteiligung von Aus- 
ländern an deutschen Vereinen und Versammlungen maßgebend sein sollen. 
Diese Kritik hatte zunächst Erfolg, indem bei der Kommissions- 
beratung des RVG in erster Lesung dem § 1 Abs. 1 folgende (von 
mir a. a. O. in Anlehnung an & 1 PrG empfohlene, auch von Laband 
a. a. O. gebilligte) Fassung gegeben wurde: „Die Vereins- und Ver- 
sammlungsfreiheit unterliegt nur denjenigen Beschränkungen, welche 
durch dieses Gesetz vorgeschrieben oder zugelassen sind“ (Komm Ber zum 
RVG, RT 1907/08, Drucks. Nr. 482, S. 130). Indes wurde dieser 
Beschluß schon bei der zweiten Lesung wieder umgestoßen und der § 1 
Abs. 1 der Regierungsvorlage (wörtlich gleichlautend mit § 1 Abs. 1 
Satz 1 des Gesetzes, oben 513) unverändert angenommen, wobei es dann 
auch bei den Plenarberatungen des Reichstags verblieb. Für diese 
endgültige Stellungnahme des Reichstags zu der Ausländerfrage waren 
die Erklärungen des Staatssekretärs des Innern in der Kommission 
(ogl. den zit. Komm Ber 7, 10, 136) maßgebend gewesen. Die wich- 
tigste dieser Erklärungen ging dahin (daselbst 7): 
„Durch den Umstand, daß den Ausländern das Recht, Vereine 
zu bilden und sich zu versammeln, nicht ausdrücklich gewährleistet 
sei, werde das Vereins= und Versammlungsrecht der Reichs- 
angehörigen, an deren Vereinen oder Versammlungen sich Aus- 
länder beteiligen, nicht berührt. Werde gegen Ausländer
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.