Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

524 Artikel 29, 30. Beschränkungen außerhalb des Polizeirechts. 
8 1 Abs. 2 RVG bedeutet also vor allem, „daß gegenüber Ver- 
sammlungen ordnungspolizeiliche Maßregeln unzulässig sind“ (so richtig 
Loening a. a. O. 168, Wolzendorff a. a. O. 271, 433, 446 ff.; vgl. auch 
oben 211, 509; nicht ganz klar Stier-Somlo 57). So ist z. B. — ein 
bereits oben 211 angeführtes Beispiel — die Auflösung einer Ver- 
sammlung wegen Eintritts der Polizeistunde nach § 1 Abs. 2 unstatthaft 
(bestritten; wie hier: Friedenthal 28, Stier-Somlo 61 und DJ3Z 16 689 ff., 
das OLGHamm in einer DL3Z 16 768 mitgeteilten Entscheidung, 
Anschütz, DJZ 16 864; am: Wolzendorff, Pr VBl 18 446 ff., 459 ff. und 
Delius, DJZ 16 807, 808). Vgl. über weitere Einzelpunkte und über 
& 1 Abs. 2 überhaupt die mehrfach zitierte Abhandlung von Wolzen- 
dorff im VüArch 18. 
Zu c. Schließlich sind, wie aus der Fassung des § 1 Abs. 1 Satz 2: 
„Dieses Recht unterliegt polizeilich nur den in diesem Gesetz 
und anderen Reichsgesetzen enthaltenen Beschränkungen“, 
— genauer: aus dem hier mit Bedacht (vgl. Komm Ber 136) ein- 
gefügten Worte „polizeilich“, sowie aus der Entstehungsgeschichte (vgl. 
Komm Ber a. a. O. und 11 ff.) erhellt, solche Beschränkungen der Vereins- 
und Versammlungsfreiheit, welche außerhalb des Polizeirechts 
liegen, von dem RVG ganz unberührt geblieben. Diese Beschränkungen 
— es handelt sich dabei um die nämlichen Rechtsverhältnisse, welche 
auch von dem Pr nicht berührt und unter diesem Gesichtspunkt oben 
506, 507 erörtert worden sind — gehören teils dem Privat-, teils dem 
öffentlichen Recht an. Die privatrechtlichen gründen sich auf die elter- 
liche Gewalt oder andere Erziehungsbefugnisse (z. B. die des Lehrherrn 
gegenüber dem Lehrling, Komm Ber 11) oder aber auf Verträge (z. B. 
Arbeitsverträge, in denen der Arbeitnehmer sich verpflichtet, nicht 
an öffentlichen Versammlungen und politischen Vereinen teilzunehmen, 
KommBer a. a. O.) —, die öffentlichrechtlichen insbesondere auf die oben 
506, 507, 510 besprochenen besonderen Unterwerfungsverhältnisse der 
Beamten, des Militärs und der unter Schul-, akademischer oder ähnlicher 
Anstaltsdisziplin stehenden Personen. Daß diese dienstrechtlichen und 
disziplinarischen Verhältnisse in ihrer Einwirkung auf die Vereins- und 
Versammlungsfreiheit durch das RVG nicht alteriert werden sollten, 
ist bei den Beratungen des Gesetzes wiederholt zum Ausdruck gebracht 
worden; am entschiedensten in der Erklärung des Staatssekretärs, 
KommBer 12: „Auch die Beamten genießen Vereins= und Versamm- 
lungsfreiheit und sollen sie weiter genießen. Allein man könne durch 
das RV nicht hinweggehen über die besonderen Pflichtbeziehungen, 
die zwischen Behörden und Beamten bestehen. Die Behörde müsse
	        
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