Die Grundlagenverordnung vom 6. und das Wahlgesetz oom 8. April 1848. 35
Verfassung. Beide Vorlagen wurden mit einigen Anderungen ange-
nommen und, unter Berücksichtigung dieser Anderungen, die Verordnung
am 6. und das Wahlgesetz am 8. April vom König sanktioniert: GS 87
und 89. Am 10. April wurde der Vereinigte Landtag geschlossen.
Die V über einige Grundlagen der künftigen Preußischen Verfassung
vom 6. April 1848 erweiterte die kurz vorher durch das G. v. 17. März
1848 (GS 69) eingeführte Preßfreiheit durch Aufhebung der Kautionspflicht
der Zeitungen, hob die für die Aburteilung von Staatsverbrechen
zuständigen Ausnahmegerichte auf, beseitigte die bestehenden Disziplinar-
gesetze (V. v. 29. März 1844,G# 77) für die Richter, stellte, unter Aufhebung
aller entsprechenden Bestimmungen älterer Gesetze, volle Versammlungs-
und Vereinsfreiheit, sowie die Unabhängigkeit der staatsbürgerlichen
Rechte von dem Religionsbekenntnis her und erklärt zum Schluß
(56): „Den künftigen Vertretern des Volkes soll jedenfalls (dies „jedenfalls"
soll, nach den Verhandlungen des Vereinigten Landtages, die im folgenden
angegebenen Kompetenzen der künftigen Volksvertretung als Minimum
bezeichnen, ist also im Sinne von „mindestens“ zu verstehen) die Zu-
stimmung zu allen Gesetzen, sowie zur Festsetzung des Staats-
haushaltsetats und das Steuerbewilligungsrecht zustehen.“
Das Wahlgesetz v. 8. April 1848 beruht auf dem Grundsatz des
allgemeinen und gleichen, jedoch indirekten Wahlrechts mit geheimer
Abstimmung. Wahlberechtigt als Urwähler ist jeder Preuße, welcher
das 24. Lebensjahr vollendet und nicht den Vollbesitz der bürgerlichen
Rechte durch richterliches Erkenntnis verloren hat, in der Gemeinde,
worin er seit 6 Monaten wohnt oder sich aufhält, sofern er nicht aus
öffentlichen Mitteln Armenunterstützung bezieht. Die Urwähler wählen
Wahlmänner und diese die Abgeordneten; beide Wahlen erfolgen durch
Stimmzettel. Wähler zum Wahlmann ist jeder Urwähler innerhalb
seines Wahlbezirks, wählbar zum Abgeordneten jeder 30jährige Ur-
wähler im ganzen Bereiche des Staates. Über die Stellung der
solchergestalt zu wählenden parlamentarischen Versammlung und ihrer
Mitglieder bestimmen die S§ 10, 11, 13 des Gesetzes folgendes: die
Versammlung „ist dazu berufen, die künftige Staatsverfassung durch
Vereinbarung mit der Krone festzustellen und die seitherigen reichs-
ständischen Befugnisse namentlich in bezug auf die Bewilligung von
Steuern und Staatsanleihen für die Dauer ihrer Versammlung interimistisch
auszuüben“ (§ 13); die Mitglieder der Versammlung stimmen nach ihrer
eigenen, unabhängigen Überzeugung und sind an Aufträge und Instruk-
tionen nicht gebunden (5 10); die Prüfung der Richtigkeit der Wahl ist
Sache der künftigen Versammlung ( 11).
37