Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

36 Ausarbeitung des ersten Verfassungsent wurfs (des Urentwurfs). 
2. Die Entstehung der ersten Entwürfe: des Urentwurfs vom 
15. Mai und der Regierungsvorlage vom 20. Mai 1848. 
Literatur: Seitz 25 ff.; v. Gerlach, Denkwürd. 1 159, 160; Branden- 
burg, Briefwechsel König Fr. Wilh. IV. mit Ludolf Camphausen (1900]; 
Derselbe, Halbmonatshefte der deutsch. Rundschau 1905/06 Nr. 8, 133 ff., 
140 ff.; Anna Caspary, Ludolf Camphausens Leben 202—216; Bergen- 
grün, Hansemann 471 f.; Hintze, Preuß. Jahrb. 144 391ff. 
Die durch das Wahlgesetz vom 8. April 1848 angeordneten Urwahlen 
fanden am 1., die Abgeordnetenwahlen am 8. Mai statt. Ein könig- 
liches Patent vom 13. Mai berief die „Versammlung zur Vereinbarung 
der preußischen Verfassung“ auf den 22. Mai nach Berlin. Der an 
diesem Tage vom König in Person eröffneten Versammlung (welche 
im folgenden, wie sprachgebräuchlich, als „Nationalversammlung“ 
[NatVersl bezeichnet wird) wurde durch den Ministerpräsidenten Camp- 
hausen der inzwischen fertiggestellte „Entwurf eines Verfassungsgesetzes 
für den Preußischen Staat“ (im folgenden abgekürzt: Reg Vorl) „zur 
Erklärung“, wie es in der die Vorlegung anordnenden Kgl. Bot- 
schaft vom 20. Mai heißt, übergeben. 
Über die Entstehung dieses ersten amtlich veröffentlichten (Sten. 
Ber. der Nat Vers 1 1 f.) Entwurfs unserer Verfassung sind wir 
neuerdings etwas besser als früher, aber noch immer nicht ganz genau 
und lückenlos unterrichtet. Es steht fest, daß er — oder vielmehr seine 
nächste Grundlage, der gleich zu erwähnende „Urentwurf“, welcher dem 
König mit Bericht des Staatsministeriums vom 15. Mai 1848 überreicht 
wurde — so, wie es jener Erlaß vom 27. März 1848 (oben 34) vorge- 
schrieben hatte, von einer besonders dazu eingesetzten Kommission des 
Staatsministeriums ausgearbeitet worden ist. Aber über die Zu- 
sammensetzung und Tätigkeit dieser Kommission fehlt leider jede Nach- 
richt und infolgedessen jede Kenntnis. Die vorhandenen gedruckten 
Quellen, auch die Korrespondenzen des Königs, seiner Umgebung und 
der Minister enthalten darüber nichts, und was die ungedruckten an- 
langt, so sind die vornehmlich in Betracht kommenden Akten (die 
des Geh. Staatsarchivs, des K. Hausarchivs, des Staatsministe- 
riums, der Ministerien des Innern, der Justiz, der Geistlichen 
und Unterrichtsangelegenheiten) von mir durchforscht worden, jedoch 
gleichjalls ohne Erfolg. Wir wissen demnach insbesondere auch 
nicht, wer in — oder nach Befinden außerhalb — der Kommission 
den Haupteinfluß auf deren Beschlüsse ausgeübt hat; doch möchte 
ich, wenn der Zweifel zwischen den beiden leitenden Männern der
	        
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