Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

542 Artikel 32. Begriff und Wesen des Petitionsrechts. 
autorités constituées des pétitions signées individuellement.“ Endlich 
bestimmt die const. belge von 1831, art. 21: „Chacun alle droit d’'adres- 
ser aux autorités publiques des pétitions signées par une ou plusieurs 
personnes. Les autorités constituées ont seules le droit d’adresser 
des pétitions en nom collectif.“ 
Auch dem preußischen Staatsrecht der vorkonstitutionellen Zeit 
war die Freiheit der Untertanen, sich mit Bitten und Beschwerden an 
die Organe des Staates, d. h. den König und die Behörden, wenden 
zu dürfen, nicht fremd. Dies ergibt sich schon aus folgenden Sätzen 
des ALR: „Einem jeden steht frei, seine Zweifel, Einwendungen 
und Bedenklichkeiten gegen Gesetze und andere Anordnungen im Staate, 
sowie überhaupt seine Bemerkungen und Vorschläge über Mängel und 
Verbesserungen sowohl dem Oberhaupte des Staates, als dem Vor- 
gesetzten des Departements anzuzeigen, und letztere sind dergleichen 
Anzeigen mit erforderlicher Aufmerksamkeit zu prüfen verpflichtet" 
(I1 20 5 156). „Alle obrigkeitlichen Personen .. sind schuldig, einen 
jeden, welcher sich in Angelegenheiten ihres Amtes bei ihnen meldet, 
persönlich zu hören und auf schleunige Untersuchung und Abhelfung 
gegründeter Beschwerden bedacht zu sein“ (II 20 § 180). 
Die ersten, noch auf dem ständischen Prinzip beruhenden repräsen- 
tativen Versammlungen, die Provinziallandtage des Gesetzes vom 
5. Juni 1823 und der Vereinigte Landtag (oben 17 f.), waren in 
der Befugnis, Petitionen anzunehmen, zu erörtern und dem König 
vorzulegen, eng beschränkt. Die Provinziallandtage konnten Bitten 
und Beschwerden, welche auf das spezielle Wohl und Interesse 
der ganzen Provinz Bezug hatten, annehmen und an den König 
gelangen lassen (Gesetz vom 5. Juni 1823, III 3). Dagegen durften 
bei dem Vereinigten Landtage Petitionen von andern als Mitgliedern 
desselben, weder angebracht noch zugelassen werden (Patent vom 
3. Februar 1847, § 20). Angesichts dieser noch letzthin, im Jahre 
1847, statuierten Beschränkungen hatte der 1848 eintretende Konstitu- 
tionalismus begründeten Anlaß, das Petitionsrecht in der Verfassung 
ausdrücklich zu gewährleisten. Die Gewährleistung, Art. 32, wollte vor 
allem klarstellen, daß man sich mit Bitten und Beschwerden nicht 
nur, wie bisher schon freigegeben, an den König und die Behöärden, 
sondern auch an die Volksvertretung wenden dürfe, daß die dem Ver- 
einigten Landtage gezogenen Schranken auf den Landtag der Ver- 
fassung nicht übergehen sollten. In diesem Sinne kann man es gelten 
lassen, wenn Arndt, Komm. 159, 160, bemerkt, es seien in Art. 32 haupt- 
sächlich Petitionen an die Kammern gemeint. Die Möglichkeit, nun-
	        
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