Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 32. Petitionsrecht der Behörden und Korporationen. 519 
lichen Organe, auch die repräsentativen Versammlungen, also den Landtag, 
die Provinziallandtage, Kreistage, Gemeindevertretungen, umfaßt. „Kor- 
poration“ im Sinne des zweiten Satzes des Artikels ist jede juristische 
Person des öffentlichen und Privatrechts, gleichviel ob sie eine wahre 
Korporation oder aber eine Anstalt oder Stiftung darstellt. Das Wort 
Korporation ist an dieser Stelle wie im Art. 31 (oben 535) in seiner 
älteren, die Stiftungen und rechtsfähigen Anstalten einschließenden Be- 
deutung zu verstehen. Versammlungen sind nach Satz 2 als solche 
niemals, Vereine nur dann petitionsfähig, wenn sie rechtsfähig (oben 
537 ff.) sind. Das RV hat hieran nichts geändert (Friedenthal, 
RVG 42. 
„Gesamtname“ ist nicht ein beliebiger, frei zu wählender, sondern 
der der petitionierenden Behörde bzw. juristischen Person zukommende, 
ihr Gesamtname (richtig Bornhak, Aföff R 16 417). 
Das in Satz 2 enthaltene Verbotsgesetz, wonach nur Behörden und 
Korporationen unter einem Gesamtnamen petitionieren dürfen, andere 
nicht, entbehrt der Strafsanktion und ist insoferm eine lex imperfecta, 
deshalb aber doch nicht, wie Bornhak a. a. O. 413 meint, bedeutungslos. 
Die Bedeutung des Verbotes liegt darin, daß ihm zuwiderlaufende 
Kollektivpetitionen von dem Adressaten als unzulässig zurückgewiesen 
werden müssen, ohne daß freilich bei Petitionen an die obersten Staats- 
organe, den König und den Landtag, ein Zwang zur Verwirklichung 
dieses Müssens gegeben wäre. — 
Daß die Petitionen der Behörden und Korporationen sich nur 
auf Angelegenheiten des der Petentin gesetzlich zugewiesenen Kompetenz- 
bzw. Wirkungzkreises beziehen dürfen, entspricht ebenso der Natur der 
Sache — Behörden dürfen im Gegensatz zu natürlichen Personen nicht 
alles tun, was ihnen nicht verboten ist, sonderm nur das, wofür sie 
zuständig sind; Korporationen sind willens- und handlungsfähig nur 
innerhalb ihres Wirkungskreises —, wie dem Willen des Gesetzgebers 
(vgl. oben 541, Bericht der Rev Komm, dazu vRZ 2 91 N. 4) und ist 
im Prinzip unbestritten (vK## 2 92, Arndt und Schwartz zu Art. 32, 
v. Seydel, Komm. zur RV 203, Bornhak a. a. O. 417 f., Rosegger 
a. a. O. 41, 42, O# 13 89 ff., 41 35 ff.). Streitig aber kann sein 
und ist häufig die Frage, wo die Grenzen des Wirkungskreises und 
damit des Petitionsrechts liegen. Uberschreitungen dieser Grenzen sind, 
wie schon die oben 541 angegebene Außerung der Rev Komm andeutet, 
durch die „Behörde“, d. h. die zur Beaufsichtigung der petitionierenden 
Behörde oder Korporation zuständige Instanz — bei Staatsbehörden 
also die vorgesetzte Dienstbehörde, bei Gemeinden die Kommunal-
	        
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