Ausarbeitung des ersten Verfassungsentwurss (des Urentwurfs). 37
damaligen Regierung, Camphausen und Hansemann, schwankt, mich mit
Bergengrün (a. a. O. 471, 472) und Seitz (49, 177) für Hansemann
entscheiden, und zwar angesichts der einen Tatsache, daß die Ver-
fassung schon in diesem ihrem ursprünglichsten Entwicklungsstadium, dem
von der in Rede stehenden Kommission redigierten Urentwurf, der
Belgischen V. von 1831 genau, oft wortgetreu nachgebildet erscheint, und
der andern, daß Hansemann, nicht Camphausen, mit dem belgischen
Staatsrecht genau vertraut war und die Constitution belge für vor-
bildlich und nachahmungswürdig hielt. So hatte Friedrich Wilhelm IV.,
wenn er den der Nat Vers vorgelegten Entwurf als „die Hansemannsche
Verfassung“ bezeichnete (Bergengrün 471 N. 2) sicher mehr Recht als
der General v. Gerlach, der ihn (Denkwürd. 1 251) die „Camphausensche
Verfassung“ nannte.
Auch über die Zeit, welche diese geheimnisvolle Kommission zur
Erledigung ihrer Aufgabe gebraucht hat, läßt sich nichts Sicheres sagen,
nur vermuten, daß dieser Zeitraum ein im Verhältnis zu der Größe und
Bedeutsamkeit des Werkes kurzer war. Ende April 1848 war jeden-
falls noch nichts fertiggestellt, was nach einem formulierten Entwurf
aussah, ja es scheinen zu dieser Zeit noch nicht einmal die Grund-
linien des künftigen Verfassungsbaues festgestanden zu haben, andern-
falls hätte der Ministerpräsident Camphausen nicht in einem damals
an einen rheinischen Freund (Claessen, vgl. Caspary a. a. O. 202,
203) gerichteten Briefe Fragen wie die, ob Ein= oder Zweikammer-
sostem einzuführen, und ob, wenn man das Zweikammersystem ak-
zeptiere, die Erste Kammer nur aus gewählten oder auch aus erblichen
Mitgliedern zusammenzusetzen sei, als „noch zu lösende Probleme“ be-
zeichnen können. Wahrscheinlich hat die Verfassungskommission ihre
Tätigkeit nicht vor Anfang Mai begonnen. Jedenfalls ist sie spätestens
am 15. Mai damit fertig geworden, denn an diesem Tage ist der von
ihr aufgestellte Verfassungsentwurf — ich nenne ihn mit Seitz den
„Urentwurf“, möchte ihn aber nicht vom 16. Mai, dem Tage, an dem
ihn der König erhielt (v. Gerlach, Denkwürd. 1 159), sondern vom
15. Mai, dem Absendungstage, datieren, — vom Staatsministerium
dem Könige übersandt worden. Der kurze Immediatbericht, welcher
die Sendung begleitete, lautet:
„Der Entwurf des Verfassungsgesetzes für den Preußischen Staat
wird zwar von uns erst in den nächsten Tagen in Beratung genommen
werden. Da aber die Zeit zur Feststellung des Entwurfs nur sehr
beschränkt ist, so halten wir uns für verpflichtet, E. K. M. schon jetzt
den von einer Kommission ausgearbeiteten vorläufigen Entwurf aller-