Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Bemerkungen des Königs zum Urentwurf. 39 
aufweist, welches in dem andern Exemplar fehlt; — sodann aber 
enthält es zahlreiche Randbemerkungen von der Hand des Königs, 
welche uns über dessen Einwände gegen den Entwurf — die bisher 
nur unvollständig und nicht genau aus den Notizen v. Gerlachs und dem 
Briefwechsel Friedrich Wilhelms mit Camphausen bekannt waren 
(Zusammenstellung und Rekonstruktion bei Seitz 51, 52) — nunmehr ein- 
gehend und zuverlässig unterrichten. Diese Randbemerkungen zeigen, 
was ja auch früher schon bekannt war, wieviel der König an dem 
Entwurf (den er dem General v. Gerlach gegenüber, vgl. dessen Denk- 
würd. 1 159, als ein „ganz elendes Machwerk“ bezeichnete) auszu- 
setzen fand.“') Der König wünschte vor allem eine andere Zusammen- 
setzung der beiden Kammern des künftigen Landtags. Der Urent- 
wurf setzte die I. Kammer zusammen aus den großjährigen Prinzen 
des K. Hauses, 80 vom König auf Lebenszeit ernannten und 160 ge- 
wählten Mitgliedern; der König vermißte hier vor allem das erbliche 
Element, er verlangt erbliche Stimmen für die ehemals reichsunmittel- 
baren fürstlichen und gräflichen Familien sowie für die „wirklichen 
Fürsten und Standesherren“, ferner will er den Bürgermeistern der 10 
oder 12 größten Städte und den Rektoren der Landesuniversitäten — 
das Recht auf Sitz und Stimme in der I. Kammer verleihen. Die 
II. Kammer, die nach dem Entwurf eine aus allgemeinen Wahlen her- 
vorgehende homogene Versammlung darstellt, will er ständisch gliedern: 
besondere Abgeordnete des Groß-= und Kleingrundbesitzes, der Städte, 
der Handels- und Gewerbetreibenden. Beide Kammern will er nicht 
„Kammern“, sondern — in Rückerinnerung an seine Lieblingsschöpfung, 
den Vereinigten Landtag — „Kurien“ nennen. Sodann verlangt er an 
Stelle der Bestimmung des Entw. (7 31), nach welcher die Einkünfte 
des Königs aus Staatsmitteln für die Dauer der Regierung jedes 
Königs durch ein Gesetz festgestellt werden soll, die einfache Auf- 
rechterhaltung des geltenden Rechts, d. h. der Kronrente, wie sie das 
Staatsschuldengesetz v. 17. Jan. 1820 festsetzt, mit der Maßgabe, daß 
zur Erhöhung dieser Rente ein Gesetz erforderlich ist. Weiter tadelte 
der König, daß im § 11 des Entw. die evangelische und katholische 
Kirche als „Religionsgesellschaften“ bezeichnet und den anderen 
Religionsgesellschaften gleichgestellt waren, und schrieb in diesem Sinn 
an den Rand bei §+5 11: „werde ich nie genehmigen". Der § 22, welcher 
dem König das Recht der Besetzung aller Staatsämter und den Ober- 
) Der Text des Urentwurfs mit den Randbemerkungen des Königs ist 
unten, Anhang 1, wiedergegeben.
	        
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