572 Artikel 37. Militärgerichtsbarkeit und Militärdisziplin.
erstreckt sich, hierin gleichfalls mit dem früheren preußischen Recht über-
einstimmend, auf alle strafbaren Handlungen, welche von den ihr unter-
stellten Personen — vgl. die Aufzählung derselben in Is 1 Nr. 1—8,
5, 6 RMMilStrSO — begangen werden, mit Ausnahme der den
„bürgerlichen Behörden“ vorbehaltenen „Untersuchung und Entscheidung
wegen Zuwiderhandlungen gegen Finanz= und Polizeigesetze, Jagd- und
Fischereigesetze sowie gegen Verordnungen dieses Inhalts, wenn die
Handlung nur mit Geldstrafe und Einziehung oder mit einer dieser
Strafen bedroht ist“ (RMil StrGO 5 2). Die Militärstrafgerichtsbarkeit
wird durch die Gerichtsherren und die erkennenden Gerichte ausgeübt.
Gerichtsherren sind die Befehlshaber, welchen die niedere oder die
höhere Gerichtsbarkeit nach Maßgabe der MilStr GO zusteht. Die
erkennenden Gerichte sind die Standgerichte, Kriegsgerichte, Oberkriegs=
gerichte und das für den ganzen Umfang des Reichs bestehende Reichs-
militärgericht (a. a. O. §§# 12, 13, 18).
II. Außer und neben der durch die bezeichneten Instanzen aus-
geübten Sonderstrafgerichtsbarkeit sind die Militärpersonen der Heeres-
disziplin unterworfen. Die Regelung dieser Disziplin erfolgt nach Satz 2
des Artikels im Gegensatz zu der unter den Vorbehalt des Gesetzes
gestellten Militärstrafgerichtsbarkeit im Wege der Verordnung, und
zwar, wie aus der Entstehungsgeschichte zu entnehmen (oben 570), durch
Verordnung des Königs in seiner Eigenschaft als obersten Kriegs-
herrn, also — um mit dem in der Staatsrechtswissenschaft (nicht in
der militärischen Praxis, vgl. Frhr. Marschall v. Bieberstein, Verant-
wortlichkeit und Gegenzeichnung bei Anordnungen des obersten Kriegs-
herrn (1911), 55 ff., 202 ff.) üblichen, durch Laband eingeführten Sprach-
gebrauch zu reden — durch „Armeebefehle“, welche den Personen
des Soldatenstandes gegenüber auch ohne ministerielle Gegenzeichnung
gültig und vollziehbar sind. Angesichts dieses ausdrücklichen Verfassungs-
satzes, welcher dem Könige die Regelung der militärischen Disziplin
delegiert (der Grund, warum Arndt, Komm. 172, Wert darauf legt,
Art. 37 Abs. 2 nicht als Delegation, sondern als „Vorbehalt“ eines
Verordnungsrechts zu bezeichnen, ist nicht ersichtlich), erübrigt es sich, zu
untersuchen, ob und inwieweit das hier dem Könige zugesprochene Recht
nicht auch ohnedies schon aus allgemeinen Grundsätzen, d. h. aus der
Rechtsnatur der Dissiplinarvorschriften als Verwaltungsvorschriften, deren
Erlaß nicht in das Gebiet der gesetzgebenden, sondern in das der voll-
ziehenden (Gewalt fallt, zu folgern sein würde (Anschütz, Gegenwärt.
Theor. S9 f.: vgl. auch Senydel, Staatsrechtl. und polinsche Abhandl.
N. F. 150, 151).