Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 37. Die militärische Disziplin ist durch Verordnung zu regeln. 573 
Soweit und solange „besondere Verordnungen“ im Sinne des 
zweiten Satzes von dem konstitutionellen Monarchen nicht erlassen wurden, 
blieben die einschlägigen, aus der Zeit vor der Verfassung herrührenden 
Normen bestehen und zwar mit der Kraft königlicher, der bewaffneten 
Macht gegenüber nicht kontrasignaturbedürftiger „Armeebefehle“ (s. 
oben), — einerlei ob sie etwa in der GS verkündigt waren oder nicht. 
Dies gilt insbesondere auch von der königlichen V. über die Ehren- 
gerichte der Offiziere vom 20. Juli 1843 (GS 1844 299fs.), welche 
ebenso wie die heute an ihre Stelle getretene V. über die Ehren- 
gerichte der Offiziere im preußischen Heere vom 2. Mai 1874 durch- 
aus dem Gebiete des militärischen Disziplinarwesens angehört (s. hierüber 
unten 574 ff.). 
Der Satz, daß die Heeresdisziplin im Verordnungswege zu regeln 
ist und daß diese Verordnungsbefugnis dem Träger der Kommando- 
gewalt (dem obersten Kriegsherrn) zusteht, ist in das Reichsrecht über- 
nommen worden. Zunächst durch RV Art. 61. Wenn es dort heißt, 
daß im ganzen Reiche die Preußische Militärgesetzgebung ungesäumt 
einzuführen ist, „sowohl die Gesetze selbst, als die zu ihrer Ausführung, 
Erläuterung oder Ergänzung erlassenen Reglements, Instruktionen und 
Reskripte“, m. a. W. nicht nur die formellen Gesetze, sondern auch die 
Vorschriften mit Verordnungscharakter, so bedeutete dies nicht, daß alle 
die solchergestalt „ungesäumt einzuführenden“ preußischen Normen als 
Reichsgesetze gelten, sondern daß die formellen preußischen Gesetze (wie 
z. B. die Mil StreO vom 3. April 1845, s. oben 571) die Kraft von 
Reichsgesetzen, die preußischen Verordnungen die Kraft von Verordnungen 
haben sollten (v. Seydel RV 332), und zwar von den letzteren diejenigen, 
welche von dem Könige in seiner Eigenschaft als oberster Kriegsherr, 
kraft seiner Kommandogewalt erlassen worden waren („Armeebefehle“, 
s. oben 572), die Kraft von kaiserlichen Verordnungen (denn die 
Kommandogewalt und damit die Zuständigkeit zum Erlaß von „Armee- 
befehlen“ ist durch RV. Art. 63 Abs. 1 aus der landes= bzw. kontingents- 
herrlichen Gewalt ausgeschieden und dem Kaiser übertragen); diejenigen 
aber, welche sich als Außerung nicht der Kommandogewalt, sondern der 
Militärverwaltungshoheit darstellten („Armeeverordnungen“, val. Anschütz, 
Enzykl. 623), die Kraft landesherrlicher bzw. im Namen des Landes- 
(Kontingents-)herren von dem Kriegsministerium erlassenen Verordnungen. 
Geht man nun davon aus, daß die in Preußen vor Gründung des 
Reichs geltenden militärischen Disziplinarvorschriften nicht Militärver- 
waltungsvorschriften i, e. S., „Armeeverordnungen“ (s. oben), sondern 
„Armeebefehle“ im Sinne des herrschenden Sprachgebrauchs, also Normen
	        
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