Artikel 37. Die Ehrengerichte der Offiziere. 575
tingentsherren eingeführt worden ist. Daß diese Bestimmungen inhaltlich
Disziplinarrecht darstellen, wird von der herrschenden Meinung (Laband,
StKt 4 189, Seydel, Staatsrechtl. und polit. Abhandlungen N. F. 146 ff.,
Arndt, Komm. 172, Endres, Ehrengerichtsverordnungen 9, K in seiner
Entscheidung des bekannten Falles Gädke, JJ 36 C 121) mit Recht an-
genommen, dagegen bestritten von Apel und Marschall v. Bieberstein.
Apel will in seiner angeführten Schrift über die königliche Gewalt auf
dem Gebiete des Ehrengerichtsverfahrens, 17ff., den Zweck der militä-
rischen Disziplin beschränken auf die Bestrafung von Zuwiderhandlungen
gegen die Pflicht zum Gehorsam (a. a. O. 18). Das ist viel zu eng;
nach gemeindeutscher, insbesondere auch durch die Beamtengesetze des
Reichs und der Einzelstaaten angenommenen Anschauung erstreckt sich
die Disziplin des öffentlichen Dienstes keineswegs einseitig auf die
Wahrung der Gehorsamspslicht, sondern auf den ganzen Pflichtenkreis
der ihr unterstellten Personen, einschließlich der dem im Militärdienst
angestellten Offizier ebenso wie dem im Ziilstaatsdienst angestellten.
Beamten obliegenden Pflicht zu achtungswürdigem, ehrenhaftem Ver-
halten. Über die Innehaltung der letzteren Pflicht haben die Ehren-
gerichte zu wachen, deshalb sind sie Organe der militärischen Disziplinar-
gewalt. Frhr. v. Marschall weist, den Ausführungen Apels beipflichtend
(Verantwortlichkeit und Gegenzeichnung bei Anordnungen des obersten
Kriegsherrn 458, Anm. 1852) insbesondere noch darauf hin, daß die
Offiziersehrengerichte keine Entscheidungen zu fällen, sondern nur durch
ihre Ermittlungen, Beratungen und Gutachten die vom König als
obersten Dienstherrn frei zu treffende Entscheidung vorzubereiten haben
(a. a. O. 456). Dies ist richtig, beweist aber nur, daß die Ehren-
„gerichte“ keine wahrhaften, dezisiv zuständigen Disziplinargerichte, viel-
mehr nur konsultativ tätige Untersuchungskommissionen sind, beweist jedoch
nicht, daß das ganze Ehrengerichtswesen mit der Disziplin nichts zu tun
hat. Die Ehrengerichte treten in Tätigkeit, wenn ein Offizier den
Ehrbegriffen seines Berufsstandes zuwider, also disziplinwidrig, gehandelt
hat oder haben soll. Sie haben den betreffenden Fall zu untersuchen
und — freilich nur gutachtlich, unter Beantragung einer bestimmten
Entscheidung — zu beurteilen. Die auf ihren Antrag ergehenden könig-
lichen Entscheidungen, z. B. die Entlassung mit schlichtem Abschied wegen
Verletzung der Standesehre, sind ihrem Wesen nach reine Disziplinar-
entscheidungen, die sich von den Erkenntnissen der für die Beamten
zuständigen Disziplinargerichte nur dadurch unterscheiden, daß sie nicht
von einem unabhängigen Gerichtshof, sondern von dem Dienstherrn
selbst ausgehen. Daher ist das diesen Entscheidungen voraufgehende,