Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 40. Der Streit um die Familienfideikommisse. 585 
nicht sofort und von selbst, sondern nach Maßgabe ausführender Gesetze 
eintreten lassen. Sie bestimmt, Art. 38: 
„Die Errichtung von Lehen und die Stiftung von Familien- 
Fideikommissen ist untersagt. Die bestehenden Lehen und Familien= 
Fideikommisse sollen durch gesetzliche Anordnung in freies Eigen- 
tum umgestaltet werden.“ 
Dieser Artikel erhielt die Zustimmung des ZaAussch und auch des 
Plenums der I. K., des letzteren mit dem selbstverständlichen und daher 
unwesentlichen Zusatze, daß der Artikel auf Familienstiftungen keine 
Anwendung finden solle, — dort wie hier gegen den Widerspruch einer 
ansehnlichen Minderheit, welche zwar allenfalls die Aufhebung der 
Lehen, nicht aber die der Familienfideikommisse zugestehen wollte 
(Bericht des Zussch: I. K. 782 ff., abgelehnte Anträge der Minorität 
— Gerlach, Graf v. Itzenplitz, v. Manteuffel, Graf v. Alvensleben, 
Heffter, Bornemann, Triest — das. 786 f., Plenawerhandlungen das. 
787 f.). Auch in der II. K., welche den Artikel in der ihm durch die 
I. K. gegebenen Fassung annahm (II. K. 914, 915, 932ff.), fand das 
Bestreben, die Institution des Familienfideikommisses aufrecht zu erhalten, 
zahlreiche Vertreter (Anträge v. Fock, v. Werdeck, v. Rohrscheidt, 
v. Wedell, Ebert, II. K. 921 f.). Nunmehr versuchte die Staatsregierung 
noch, den solchergestalt in beiden Kammern abgelehnten Gedanken — 
Aufhebung der Lehen, aber Schonung der Fideikommisse — durch- 
zusetzen: die mittels königlicher Botschaft vom 7. Januar 1850 den 
Kammern vorgelegte Proposition IV (vgl. I. K. 2216) schlug vor, dem 
Artikel folgende Fassung zu geben: 
„Die Errichtung von Lehen ist untersagt. Die bestehenden 
Lehen sollen durch gesetzliche Anordnung in freies Eigentum um- 
gestaltet werden. 
Ein Gesetz über die Familienfideikommisse wird deren Ver- 
wandlung in freies Eigentum erleichtern und die Bedingungen 
der Errichtung neuer Familienfideikommisse bestimmen. Bis 
dieses Gesetz erlassen sein wird, dürfen neue Familienfidei- 
kommisse nicht errichtet werden."“ 
Die Begründung dieser Proposition (I. K. 2217) sucht darzutun, 
daß die Aufhebung der Fideikommisse weder politisch noch volkswirt- 
schaftlich geboten, im Falle der Annahme der neuen Vorschläge für 
die Bildung der I. K. — Proposition VIII, vgl. I. K. 2216, 2217 — 
aber unmöglich sei (da diese Vorschläge eine besondere Vertretung des 
befestigten Grundbesitzes in der I. K. beabsichtigten, mithin das Fort- 
bestehen mindestens einer Rechtsform der Befestigung, d. h. der fidei-
	        
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