42 Der Kommissionsentwurf der Nationalversammlung.
ein völlig neuer, der Initiative der Kommission entsprungener Entwurf
gesetzt worden. Das freilich ist richtig, daß die RegVorl durch die Kom-
missionsbeschlüsse vielfach, zum Teil einschneidend, und durchweg im
Sinne der von der Mehrheit der Kommissionsmitglieder vertretenen
radikalen und demokratischen Anschauungen abgeändert wurde (am be-
merkenswertesten die Einführung des suspensiven Vetos, Art. 55 des
KommEntw), — irreleitend jedoch wiederum, wenn Bomhak (Preuß.
Staats- und Rechtsgesch. 465) die Tätigkeit der Kommission als „Um-
arbeitung des Regierungsentwurfs nach belgischem Vorbild“ bezeichnet.
Was an der preußischen Verfassung „belgisch“ ist — und es ist nicht
wenig —, steht nicht erst in den Beschlüssen der Nationalversammlungs-
kommission, sondern schon in in der Reg Vorl und dem ihr zugrunde-
liegenden, von Hansemann inspirierten Urentwurf.
Das Ergebnis der Kommissionsberatungen wurde als „Entwurf der
Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat“ (im folgenden abgekürzt:
„KommEntw der Nat Vers“), begleitet von Motiven, die größtenteils (aber
nicht durchweg) von dem Vorsitzenden der Kommission ausgearbeitet
worden waren, am 26. Juli 1848 der Nationalversammlung überreicht,“)
demnächst (August, September, vgl. Seitz 114) von den einzelnen Abtei-
lungen und schließlich von den aus den Spezialreferenten der Abteilungen
für die verschiedenen Teile der Verfassung zusammengesetzten Zentral-
abteilungen (Seitz 114 f., Goldschmidt, Preuß. Jahrb. 125 203) beraten.
Die Beratungen der Zentralabteilungen sind nicht zu Ende gelangt, sie
erstreckten sich nur auf die Einleitung der Verfassung, Titel I, einen Teil
des Titels II „von den Rechten der Preußen“ (Iinsbesondere auf die Ar-
tikel über Kirche und Schule) und Titel VIII „von der Finanzverwaltung“.
Auf Grund der Berichte der Zentralabteilungen begannen die
Verhandlungen des Plenums am 12. Oktober 1848. Sie gediehen
indes, in 7 Sitzungen, nur bis einschließlich Art. 4 des Verfassungs-
textes. Die hierbei gefaßten Beschlüsse (s. u.) brachten den lange ver-
borgenen, durch die immer schroffe radikale Haltung der Versammlungs-
mehrheit fortwährend verschärften Konflikt zwischen der Versammlung
und der Regierung zum offenen Ausbruch.
Zunächst kam es zu einem Ministerwechsel. Der König hatte
angesichts des Planes der Nat Vers, die Formel „von Gottes Gnaden“
aus dem königlichen Titel zu entfernen, beabsichtigt, eine Proklamation
an das Volk zu erlassen, worin er die Unantastbarkeit dieser Formel,
welche den Gedanken des göttlichen Ursprungs aller Obrigkeit zum Aus-
druck bringe, feierlich betonen wollte. Die Minister (Ministerium v. Pfuel,
*) Vgl. unten Anhang 2.