Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Erster Anhang. 603 
Titel VI. 
Von der richterlichen Gewalt. 
862. Die richterliche Gewalt wird im Namen des Königs durch die 
Gerichte ausgeübt. Die Gerichte sind unabhängig und keiner anderen 
Autorität als der des Gesetzes unterworfen. 
Die Urteile werden im Namen des Königs ausgefertigt und vollstreckt. 
§* 63. Die Richter werden vom Könige auf ihre Lebenszeit ernannt. 
Sie können nur durch Richterspruch und nur aus Gründen, 
welche die Gesetze vorgesehen und bestimmt haben, ihres Amtes ent- 
setzt oder zeitweise enthoben werden. 
Eine Versetzung auf eine andere Stelle oder in den Ruhestand 
kann wider ihren Willen nur auf Grund eines gerichtlichen Beschlusses 
in den durch das Gesetz bestimmten Fällen und Formen erfolgen. 
Auf die Versetzungen und Pensionierungen, welche durch Verände- 
rungen in der Organisation der Gerichte oder ihrer Bezirke nötig 
werden, findet diese Bestimmung keine Anwendung. 
§ 64. Den Richtern dürfen andere besoldete Staatsämter nicht 
übertragen werden 
#§ 65. Die Errichtung und Organisation der Gerichte, ihr Bezirk, der 
Ort ihres Sitzes, die Qualifikation zu den verschiedenen richterlichen 
Amtern und die Zahl und Besoldung der Richterstellen werden durch 
Gesetze bestimmt. 
#s# 66. Die Hauptverhandlungen vor dem erkennenden Gerichte in 
Zivil= und Strassachen sollen öffentliche sein. Die Offentlichkeit kann 
jedoch durch ein öffentlich zu verkündendes Urteil ausgeschlossen werden, 
wenn sie der Ordnung oder den guten Sitten Gefahr droht. 
s 67. AUber die mit schwerer Strafe bedrohten Handlungen (Ver- 
brechen), so wie über politische und Preß-Vergehen sollen die Gerichte 
unter Mitwirkung von Geschworenen erkennen. 
#§ 68.1) Die Organisation der Handels- und Gewerbe-Gerichte, 
sowie der Militär-Gerichte, die Ernennung ihrer Mitglieder, die be- 
sonderen Verhältnisse der letzteren und die Dauer ihres Amtes werden 
durch besondere Gesetze festgestellt. 
#s69. Die Grenzen der Kompetenz der Gerichte und der Ver- 
waltungsbehörden werden durch das Gesetz bestimmt. Über Kompetenz- 
Konflikte zwischen den Gerichten und der Verwaltung entscheidet die 
durch das Gesetz bezeichnete Behörde in der gesetzlichen Form. 
1) Randbemerkung des Königs: Versteht sich von selbst und ist die Er- 
wähnung des Militairs unpolitisch, weil aufregend.
	        
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