614 Zweiter Anhang.
#5#s#81. Zur Ausführung der in den § 4, 5, 6, 62, 63, 64, 65, 66, 67 und 68
ausgesprochenen Grundsätze werden besondere Gesetze ergehen. Bis zum Erlaß
dieser Gesetze bleiben die in Bezug auf die Gegenstände derselben bestehenden
Gesetze und Rechts-Normen in Gültigkeit. Alle den übrigen Bestimmungen der
Verfassung entgegenstehenden gesetzlichen Vorschriften treten sofort außer Kraft.
z 82. Die bestehenden Steuern und Abgaben werden forterhoben, bis sie
durch ein Gesetz abgeändert werden.
5 83. Alle durch das gegenwärtige Verfassungs-Gesetz nicht berührten Ge-
setze und Rechts-Normen bleiben in voller Kraft.
#6# 4. Inwieweit die in den 5, 6, 7, 15 und 16 des Verfassungs-Gesetzes
enthaltenen Bestimmungen für die Fälle eines Krieges oder Aufruhrs zeitweise
außer Anwendung gesetzt werden können, bleibt der Gesetzgebung vorbehalten.
II. Der Kommissions-Entwurf der National-=
versammlung.
Entwurf der Berfassungsurkunde für den preußischen Staat.
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen, tun
kund und fügen zu wissen, daß Wir mit den nach dem Wahlgesetze vom 8. April
1848 gewählten und demnächst von Uns zusammenberufenen Vertretern Unseres
getreuen Volkes die nachfolgende Verfassung vereinbart haben, welche Wir dem-
nach hierdurch verkünden:
Titel I. Vom Staatsgebiete.
Art. 1. Alle Landesteile der Monarchie in ihrem gegenwärtigen Umfange
bilden das preußische Staatsgebiet.
Art. 2. Die Gränzen dieses Staatsgebietes können nur durch ein Gesetz
verändert werden. «
Titel II. Von den Rechten der Preußen.
Art. 3. Die Bedingungen für die Erwerbung und den Verlust der Eigen-
schaft eines Preußen, so wie für die Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte,
werden durch die Verfassung und besondere Gesetze bestimmt.
Art. 4 Es gibt im Staate weder Standes-Unterschiede noch Standes-
Vorrechte. Alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich. — Der Adel ist abgeschafft.
Art. 5. Die personliche Freiheit ist gewährleistet.
Außer dem Falle der Ergreifung auf frischer Tat darf eine Verhaftung
nur kraft eines schriftlichen, die Anschuldigung bezeichnenden, richterlichen Be-
fehls bewirkt werden. Dieser Befehl muß entweder bei der Verhaftung oder
spätestens innerhalb 24 Stunden zugestellt werden. In gleicher Frist ist das Er-
forderliche zu veranlassen, um den Verhafteten dem zuständigen Richter vor-
uführen.
“ Art. 6. Niemand darf wider seinen Willen vor einen anderen als den im
Gesetze bezeichneten Richter gestellt werden.
Ausnahmegerichte und außerordentliche Kommissionen sind unstatthaft.
Keine Strafe kann angedroht oder verhängt werden, als in Gemößbeit des
Gesetzes.
Art. 7. Die Wohnung ist unverletzlich. Haussuchungen dürfen nur unter
Mitwirkung des Richters oder der gerichtlichen Polizei in den Fällen und nach
den Formen des Gesetzes vorgenommen werden.