Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

616 Zweiter Anhang. 
münder, darüber zu bestimmen, wo ihre Kinder oder Pflegebefohlenen unter- 
richtet oder erzogen werden sollen, darf auf keine Weise beschränkt werden. 
Art. 23. Die Mittel zur Errichtung, Unterhaltung und Erweiterung der 
öffentlichen Volksschule werden von den Gemeinden, aushilfsweise von den 
Gemeinde-Berbänden und dem Staate aufgebracht. In der öffentlichen Volks- 
schule wird der Unterricht unentgeltlich erteilt. 
Art. 24. Die öffentlichen Volksschulen, so wie alle übrigen öffentlichen Unter- 
richts-Anstalten, stehen unter Aufsicht eigener Behörden und sind von jeder kirch- 
lichen Aufsicht frei. 
Art. 25. Ein Unterrichtsgesetz regelt das ganze öffentliche Unterrichtswesen 
auf Grund vorstehender Bestimmungen. 
Art. 26. Jeder Preuße ist nach vollendetem zwanzigsten Jahre berechtigt, 
Waffen zu tragen. Die Ausnahmefälle bestimmt das Gesetz. 
Jeder waffenberechtigte Preuße ist dem Staate wehrpflichtig. Ausnahmen 
dürfen nur eintreten wegen körperlicher Unfähigkeit oder aus Rücksichten des 
Gemeinwohls nach Maßgabe des Gesetzes. 
Art. 27. Die bewaffnete Macht besteht: aus dem stehenden Heere, der 
Lanbre der Volkswehr. 
Besondere Gesetze regeln die Art und Weise der Einstellung und die Dienstzeit. 
Art. 28. Die bewaffnete Macht wird auf die Verfassung verpflichtet. Sie 
kann zur Unterdrückung innerer Unruhen nur auf Regquisition der Zivilbehörden 
und in den vom Gesetze bestimmten Fällen und Formen verwendet werden. 
Art. 29. Die Volkswehr besteht aus denjenigen wehrhaften Männern vom 
vollendeten 21 sten bis zurückgelegten 50 sten Lebensjahre, welche nicht im aktiven 
Dienste stehen. Sie hat vorzugsweise die Pflicht, die konstituierten Gewalten zu 
schützen und für die Aufrechterhaltung der Ordnung und der verfassungsmäßigen 
Rechte des Volkes zu wachen. Im Kriege kann sie zur Unterstützung des stehenden 
Heeres und der Landwehr, jedoch nur im Innern des Landes, nach Maßgabe des 
Gesetzes verwendet werden. 
Art. 30. Die Volkswehr hat das Recht, ihre Führer bis zu den Chefs der 
Bataillone einschließlich selbst zu wählen. Sind höhere Führer erforderlich, 
so hat die Regierung das Recht der Wahl unter drei von der Volkswehr vor- 
geschlagenen Kandidaten. Der Landwehr steht das Recht der Wahl nur bis 
m Grade des Hauptmanns einschließlich zu. Die Art der Wahl bestimmt das 
Gesetz. . 
Art. 31 Die bewaffnete Macht steht außer dem Kriege und Dienste unter 
dem bürgerlichen Gesetze. Die militärische Disziplin im Kriege und Frieden be- 
stimmt das Gesetz. 
Art. 32. Kein bewaffnetes Korps darf beratschlagen. 
Art. 33. Das Eigentum kann nur aus Gründen des öffentlichen Wohles 
gegen vorgängige, in dringenden Fällen wenigstens vorläufig festzustellende Ent- 
schädigung nach Maßgabe des Gesetzes entzogen oder beschränkt werden. 
Art. 34. Die Errichtung von Lehen und Stiftung von Familien-Fideikom- 
missen ist untersagt. Die bestehenden Lehen und Familien-Fideikommisse werden 
ohne Entschädigung der Erbfolgeberechtigten freies Eigentum in der Hand des- 
jenigen, welchem am Tage der Verkündigung der gegenwärtigen Verfassung das 
Lehen oder Fideikommiß angefallen war. 
Art. 35. Die Aufhebung der Lehnsherrlichkeit erfolgt ohne Entschädigung. 
Art. 36. Vorstehende Bestimmungen (Art 34 und 35) finden auf die Thron- 
lehen, das Königliche Haus= und prinzliche Fideikommiß, so wie auf die außerhalb 
des Staates belegenen Lehen und die standesherrlichen Lehen und Fideikommisse, 
insofern letztere durch das deutsche Bundesrecht gewährleistet sind, zur Zeit keine 
Anwendung. Die Rechtsverhältnisse derselben sollen durch besondere Gesetze 
geordnet werden. 
 
	        
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