Zweiter Anhang. 619
Art. 60. Nach Ablauf von zwei Legislatur-Perioden der zweiten Kammer
können direkte Wahlen für dieselbe durch das Gesetz eingeführt werden.
fes 61. Die Legislatur-Periode der zweiten Kammer wird auf drei Jahre
estgesetzt.
Art. 62. Zum Abgeordneten der zweiten Kammer ist jeder Preuße wählbar,
der das dreißigste Lebensjahr vollendet, den Vollbesitz der bürgerlichen Rechte
in Folge rechtskräftigen richterlichen Erkenntnisses nicht verloren und bereits ein
Jahr lang in Preußen seinen Wobnsitz hat.
Art. 63. Die erste Kammer besteht aus 175 Mitgliedern.
Art. 64. Die Mitglieder der ersten Kammer werden durch die Bezirks- und
Kreis-Vertreter erwählt. Die vereinigten Bezirks- und Kreis-Vertreter eines Be-
zirks bilden je einen Wahlkörper und wählen die nach der Bevölkerung auf den
Bezirk fallende Zahl der Abgeordneten.
seß Art. 65. Die Legislatur-Periode der ersten Kammer wird auf sechs Jahre
estgesetzt.
Art. 66. Wählbar zum Mitgliede der ersten Kammer ist jeder Preuße, der
das vierzigste Lebensjahr vollendet, den Vollbesitz der bürgerlichen Rechte in Folge
rechtskräftigen richterlichen Erkenntnisses nicht verloren und bereits ein Jahr lang
in Preußen seinen Wohnsitz hat.
Art. 67. Die Kammern werden nach Ablauf ihrer Legislatur-Periode neu
gewählt. Ein Gleiches geschieht im Falle der Auflösung. In beiden Fällen sind
die bisherigen Mitglieder wieder wählbar.
Art. 68. Das Nähere über die Ausführung der Wahlen zu beiden Kammern
bestimmt das Wahlausführungs-Gesetz.
Art. 69. Stellvertreter für die Mitglieder beider Kammern werden nicht
gewählt.
Art. 70. Die Kammern werden durch den König regelmäßig im Monat
lene jeden Jahres und außerdem, so oft es die Umstände erheischen, ein-
erufen.
Am letzten Tage dieses Monats so wie spätestens am zehnten Tage nach
dem Tode des Königs, versammeln sich dieselben von Rechts wegen.
Ist im letzteren Falle die eine oder die andere Kammer aufgelöst und erst
auf einen späteren Zeitpunkt wieder einberufen, so tritt die ausgelöste Kammer
bis zur Zusammenkunft der neugewählten in Wirksamkeit.
Bis zur Eidesleistung des Thronfolgers oder des Regenten übt das Staats-
Ministerium unter eigener Verantwortlichkeit die Königliche Gewalt aus.
Art. 71. Die Eröffnung und die Schließung der Kammern geschieht durch den
König in Person oder durch einen dazu von ihm beauftragten Minister in einer
Sitzung der vereinigten Kammern.
Beide Kammern werden gleichzeitig berufen, eröffnet, vertagt und geschlossen.
Wird eine Kammer aufgelöst, so setzt die andere ihre Sitzungen aus.
Art. 72. Dem Könige, so wie jeder Kammer, steht das Recht zu, Gesetze
vorzuschlagen.
Vorschläge, welche durch eine der Kammern oder durch den König ver-
worfen worden sind, können in derselben Session nicht wieder vorgebracht werden.
Jeder Gesetzvorschlag über Einnahme und Ausgabe des Staates, so wie über
Ergänzung des stehenden Heeres muß zuerst von der zweiten Kammer genehmigt
werden.
Art. 73. Eine jede Kammer hat die Befugnis, Kommissionen zur Unter-
suchung von Tatsachen zu ernennen, mit dem Rechte, unter Mitwirkung richter-
licher Beamten Zeugen eidlich zu vernehmen und die Behörden zur Assistenz zu
requirieren.
Art. 74. Keine der beiden Kammern kann einen Beschluß fassen, wenn
nicht die Mehrheit ihrer Mitglieder anwesend ist.