630 Zweiter Anhang.
Art. 84. Die Mitglieder der ersten Kammer erhalten weder Reisekosten
noch Diäten.
Die Mitglieder der weiten Kammer erhalten aus der Staatskasse Reise-
kosten und Diäten nach Maßgabe des Gesetzes. Ein Verzicht hierauf ist un-
statthaft.
Titel VI. Von der richterlichen Gewalt.
Art. 85. Die richterliche Gewalt wird im Namen des Königs durch unab.
hängige, keiner anderen Autorität als der des Gesetzes unterworfene Gerichte
ausgenbt.
½ Die Urteile werden im Namen des Königs ausgefertigt und vollstreckt.
Art. 86. Die Richter werden vom Könige oder in dessen Namen auf ihre
Lebenszeit ernannt.
Sie können nur durch Richterspruch aus Gründen, welche die Gesetze vor-
esehen und bestimmt haben, ihres Amtes entsetzt, zeitweise enthoben oder un-
reiwillig an eine andere Stelle versetzt und nur aus den Ursachen und unter den
ormen, welche im Gesetze angegeben sind, pensioniert werden.
Auf die Versetzungen, welche durch Veränderungen in der Organisation der
Gerichte oder ihrer Bezirke nötig werden, findet diese Bestimmung keine Anwendung.
Art. 87. Den Richtern dürfen andere besoldete Staatsämter nicht übertragen
werden. Ausnahmen sind nur auf Grund eines Gesetzes zulässig.
Art. 88. Die Organisation der Gerichte wird durch das Gesetz bestimmt.
Art. 89. Zu einem Richteramte darf nur der berufen werden, welcher sich
zu demselben nach Vorschrift der Gesetze befähigt hat.
Art. 90. Gerichte für besondere Klassen von Angelegenheiten, insbesondere
Handels- und Gewerbe-Gerichte, sollen im Wege der Gesetzgebung an den Orten
errichtet werden, wo das Bedürfnis solche erfordert.
Die Organisation und Zuständigkeit der Handels-, Gewerbe= und Militär-
Gerichte, das Verfahren bei denselben, die Ernennung ihrer Mitglieder, die be-
sonderen Verhältnisse der letzteren und die Dauer ihres Amtes werden durch das
Gesetz festgestellt.
Art. 91 Die noch bestehenden beiden obersten Gerichtshöfe sollen zu einem
einzigen vereinigt werden.
Art. 92. Die Verhandlungen vor dem erkennenden Gerichte in Zivil- und
Strafsachen sollen öffentlich sein. Die Offentlichkeit kann jedoch durch ein öffent-
lich zu verkündendes Urteil ausgeschlossen werden, wenn sie der Ordnung oder
den guten Sitten Gefahr droht.
Auch in Zivilsachen kann die Offentlichkeit durch Gesetze beschränkt werden.
Art. 93. Bei den mit schweren Strafen bedrohten Verbrechen, bei allen poli-
tischen Verbrechen und bei Preßvergehen erfolgt die Entscheidung über die Schuld
des Angeklagten durch Geschworne. Die Bildung des Geschwornen-Gerichts wird
durch ein Gesetz geregelt.
Art. 94. Die Kompetenz der Gerichte und Verwaltungs-Behörden wird durch
das Gesetz bestimmt. Über Kompetenz-Konflikte zwischen den Verwaltungs- und
Gerichts-Behörden entscheidet ein durch das Gesetz bezeichneter Gerichtshof.
Art. 95. Es ist keine vorgängige Genehmigung der Behörden nötig, um
öffentliche Zivil- und Militär-Beamte wegen der durch Uberschreitung ihrer Amts-
befugnisse verübten Rechtsverletzungen gerichtlich zu belangen.
Titel VII. Von den Staatsbeamten.
Art. 96. Die besonderen Rechtsverhältnisse der nicht zum Richterstande ge-
hörigen Staatsbeamten, einschließlich der Staats-Anwälte, sollen durch ein Gesetz
geregelt werden, welches, ohne die Regierung in der Wahl der ausführenden
Organe zweckwidrig zu beschränken, den Staatsbeamten gegen willkürliche Ent-
ziehung von Amt und Einkommen angemessenen Schutz gewährt.