Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Zweiter Anhang. 637 
Ar#t. 53. Die Krone ist, den Königlichen Hausgesetzen gemäß, erblich in dem 
Mannsstamme des Königlichen Hauses nach dem Rechte der Erstgeburt und der 
agnatischen Linealfolge. 
Art. 54. Der König wird mit Vollendung des achtzehnten Lebensjahres 
volljährig. 
Er leistet in Gegenwart der vereinigten Kammern das eidliche Gelöbnis, 
die Verfassung des Königreichs fest und unverbrüchlich zu halten und in Uber- 
einstimmung mit derselben und den Gesetzen zu regieren. 
Art. 55. Ohne Einwilligung beider Kammern kann der König nicht zugleich 
Herrscher fremder Reiche sein. 
Art. 56. Wenn der König minderjährig oder sonst dauernd verhindert ist, 
selbst zu regieren, so übernimmt derjenige volljährige Agnat (Art. 53), welcher 
der Krone am nächsten steht, die Regentschaft. Er hat sofort die Kammern zu 
wiupe die in vereinigter Sitzung über die Notwendigkeit der Regentschaft be- 
chließen. 
Nrt. 57. Ist kein volljähriger Agnat vorhanden und nicht bereits vorher 
gesetzliche Fürsorge für diesen Fall getroffen, so hat das Staatsministerium die 
Kammern zu berufen, welche in vereinigter Sitzung einen Regenten erwählen. 
Bis zum Antritt der Regentschaft von Seiten desselben führt das Staatsministerium 
die Regierung. 
Art. 58. Der Regent übt die dem Könige zustehende Gewalt in dessen 
Namen aus. Derselbe schwört nach der Einrichtung der Regentschaft vor den 
vereinigten Kammern einen Eid, die Verfassung des Königreichs fest und un- 
verbrüchlich zu halten und in UÜbereinstimmung mit derselben und den Gesetzen 
zu regieren. 
Bis zu dieser Eidesleistung bleibt in jedem Falle das bestehende gesamte 
Staatsministerium für alle Regierungshandlungen verantwortlich. 
Art. 599. Dem Kron-Fideikommißfonds verbleibt die durch das Gesetz vom 
17. Januar 1820 auf die Einkünfte der Domänen und Forsten angewiesene Rente. 
Titel IV. Von den Ministern. 
Art. 60. Die Minister, so wie die zu ihrer Vertretung abgeordneten Staats- 
beamten haben Zutritt zu jeder Kammer und müssen auf ihr Verlangen zu jeder 
Zeit gehört werden. 
Jede Kammer kann die Gegenwart der Minister verlangen. 
Die Minister haben in einer oder der anderen Kammer nur dann Stimm- 
recht, wenn sie Mitglieder derselben sind. 
Art. 61. Die Minister können durch Beschluß einer Kammer wegen des 
Verbrechens der Verfassungsverletzung, der Bestechung und des Verrates ange- 
klagt werden. Uber solche Anklage entscheidet der oberste Gerichtshof der Mon- 
archie in vereinigten Senaten. So lange noch zwei oberste Gerichtshöfe bestehen, 
treten dieselben zu obigem Zwecke zusammen. 
Die näheren Bestimmungen über die Fälle der Verantwortlichkeit, über 
das Verfahren und über die Strafen werden einem besonderen Gesetze vor- 
behalten. 
Titel V. Von den Kammern. 
Art. 62. Die gesetzgebende Gewalt wird gemeinschaftlich durch den König 
und durch zwei Kammern ausgeübt. 
Die llbereinstimmung des Königs und beider Kammern ist zu jedem Ge- 
setze erforderlich. 
Finanz-Gesetzentwürfe und Staatshaushalts-Etats werden zuerst der zweiten 
Kammer vorgelegt; letztere werden von der ersten Kammer im Ganzen angenom- 
men oder abgelehnt.
	        
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